Illegale Rüstungsexporte nach Sudan: Wie Waffen aus Europa nach Darfur gelangen
Woher kommen die Waffen, mit denen die RSF-Miliz in Darfur Massaker begeht? Die Spur führt über Libyens Wüste in die Vereinigten Arabischen Emirate.
D ie Düsentriebwerke, die auf der Landebahn aufheulen, sind von Weitem zu hören. Seit im Nachbarland Sudan der Krieg begann, landen im libyschen Kufra fast jede Nacht Transportmaschinen. Sie werden entladen und heben dann wieder ab. „Alleine in den letzten drei Monaten habe ich 300 Maschinen gezählt“, berichtet Journalist Mohamed Senussi aus Kufra, der über jedes Flugzeug Buch führt, der taz. „Einige kommen mit Kennnummern der Vereinigten Arabischen Emirate aus Abu Dhabi.“
Die Oasen von Kufra liegen im Südosten Libyens mitten in der Sahara-Wüste. Eine öde Landschaft – und eine traditionelle Schmuggelroute für Gold, Migranten und Waffen. Die Landebahn steht unter Kontrolle der Libyschen Nationalarmee (LNA) von General Khalifa Haftar, des international nicht anerkannten Herrschers über Libyens Osten. Der Flughafen wird seit vier Jahren stetig ausgebaut, bis zu dreimal täglich setzen dort schwere Transportmaschinen russischer Bauart auf.
Von seinen Kontakten in Kufra weiß Mohamed Senussi, dessen Name hier aus Sicherheitsgründen geändert wurde, dass aus dem Bauch dieser Maschinen oft Fahrzeuge ausgeladen und 240 Kilometer weiter nach Sudan gebracht werden. Über Kufra und andere Schmuggelrouten erhielten die dort gegen die sudanesische Armee kämpfenden Rapid Support Forces (RSF) jüngst neue Rüstungsgüter: gepanzerte Truppenfahrzeuge, sogar Kampfdrohnen – sie stehen für eine ganz neue Dimension eines Krieges in Afrika.
Seit mehr als zwei Jahren herrscht der grausame Krieg in Sudan. Die RSF, eine paramilitärische Miliz, trat im April 2023 in den Aufstand gegen Sudans Militärregime und kämpft seitdem gegen die Armee um die Macht.
El Fasher, die größte Stadt in Darfur im Westen Sudans, hat in diesem Zusammenhang jüngst traurige Berühmtheit erlangt. Ende Oktober stürmte die RSF nach anderthalb Jahren Belagerung die Stadt. Von den rund 250.000 Menschen, die zuletzt in El Fasher lebten, konnten sich laut Hilfswerken nur rund 10.000 in die nächsten Vertriebenenlager retten. Der Verbleib der übrigen 240.000 ist unbekannt. Satellitenaufnahmen lassen darauf schließen, dass Leichenberge aufgehäuft und verbrannt wurden.
Das Massaker der RSF in El Fasher schockierte nicht nur wegen der Grausamkeit, mit der die Miliz einen Massenmord beging. Videos im RSF-eigenen Telegram-Kanal zeigten jüngst immer häufiger moderne Waffensysteme – darunter solche mit Komponenten aus Europa und aus Deutschland. Sudans Botschafter bei der EU, Abdelbagi Kabeir, sagte dazu in Brüssel Ende November: „Europäische Waffen befeuern Kriegsverbrechen.“
Im März 2024 kämpfte die RSF noch in Sudans Hauptstadt Khartum gegen die sudanesische Armee, die dort mit Hilfe von Waffennachschub aus Ägypten, der Türkei und Russland schließlich siegte. Doch auch die RSF hatte offensichtlich Nachschub erhalten. In einem Telegram-Video vom März 2024 präsentiert ein RSF-Kämpfer stolz einen gepanzerten Truppentransporter. Mit seiner Handy-Kamera führt der Kämpfer die Innenausstattung seines Fahrzeugs vor. Auf einer silbernen Plakette steht „Nimr“ in lateinischen und arabischen Buchstaben. Die Nimr-Radpanzer werden von der staatlichen Edge-Gruppe in Abu Dhabi hergestellt, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Edge wirbt für die eigenen Produkte mit seiner „Weltklasse-Expertise im Bereich militärischer Radfahrzeuge, die den sich wandelnden Missionsanforderungen unserer Kunden gerecht werden“.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden auch europäische Bauteile in den Radpanzer von Edge montiert. Die britische Tageszeitung Guardian verweist etwa auf eine Plakette auf dem Motor: „Made in Great Britain by Cummins Inc“ steht dort, Baujahr 2016. Cummins ist ein Hersteller von Diesel- und Gasmotoren mit Sitz im US-Bundesstaat Indiana und hat ein britisches Tochterunternehmen. Das Galix-Verteidigungssystem auf dem Dach des Radpanzers wiederum wird von der französischen Firma Lacroix Défense hergestellt, es feuert Rauch und Geschosse. Lacroix wirbt damit, dass es „nicht nur der Selbstverteidigung“ diene, „sondern auch der aktiven Neutralisierung feindlicher Personen“. Im RSF-Video schwenkt der Kämpfer auch auf die Klimaanlage – für Sudans Wüste ein echter Luxus: „Webasto“ steht unter der Temperaturanzeige. Die Firma aus Oberbayern hat Tochterunternehmen in der Türkei, wo diese Klimaanlagen hergestellt und an die Emirate geliefert werden.
Waffenteile kommen aus Europa
Edge, Cummins und Lacroix antworten auf taz-Anfragen nicht. Ein Webasto-Sprecher erklärt, dass „unsere vertraglichen Vereinbarungen mit Kunden klare Regelungen zur Einhaltung internationaler Handelskontrollvorschriften beinhalten“. Er betont: „Insbesondere schließen wir Lieferverträge unter der Bedingung ab, dass geltende Waffenembargos der Vereinten Nationen, der Europäischen Union sowie des jeweiligen Exportlandes strikt eingehalten werden.“
Amnesty International zufolge wurden Nimr-Transporter bereits 2019 bei der RSF in Sudan gesichtet. Damals war die Miliz noch ein anerkannter Teil von Sudans Streitkräften – unter anderem für die Überwachung der Grenzen zuständig. Die RSF brauchte solche Fahrzeuge, um ihre Truppen in der Wüste zu transportieren. Als sie 2023 in den Aufstand trat, das geht aus Amnesty-Auswertungen hervor, setzte sie den Nimr in Darfur ein – dabei sind Waffenlieferungen in die Region illegal.
Für Libyen gilt seit 2011 ein UN-Waffenembargo der Vereinten Nationen, nur die international anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis darf mit Genehmigung Rüstung importieren. Für Sudans Bürgerkriegsregion Darfur, die an Libyen grenzt, gilt bereits seit 2004 ein UN-Embargo, es dürfen auch keine legal an Sudan verkauften Rüstungsgüter in Darfur zum Einsatz kommen.
Doch seit Kriegsausbruch in Sudan 2023 kommen die zuständigen UN-Ermittler nicht mehr hin. Mike Lewis überwachte von 2010 bis 2011 als UN-Luftfahrtexperte mögliche Waffenlieferungen nach Darfur. Die langen Grenzen in der Wüste seien ohnehin „extrem schwer zu kontrollieren“, sagt Lewis. Vor dem Krieg hätten die UN-Ermittler wie er „sehr viel Zeit an Flughäfen an verschiedenen Orten verbracht, um uns selbst ein Bild davon zu machen, was physisch in ein Flugzeug ein- und ausgeladen wurde“. Jetzt nicht mehr.
Lewis sagt, dass das Problem mit den Lieferungen aus den Emiraten nicht neu sei. „Die verschiedenen UN-Expertengremien für Somalia, Libyen und Jemen berichten seit über einem Jahrzehnt, dass an die VAE gelieferte Waffen und besonders diese Nimr-Radpanzer unter Beteiligung hochrangiger emiratischer Beamter in all diese Länder umgeleitet wurden.“ Die Unterzeichnerstaaten des globalen Arms Trade Treaty (ATT), des internationalen Regelwerks für konventionelle Rüstungsexporte, seien in der „Pflicht“, Lieferungen einzustellen, „bis sie sicher sein können, dass sie nicht weiter umgeleitet werden“.
Alle Staaten in Europa außer Russland und Belarus sind ATT-Vertragsstaaten, auch Libyen und die Emirate. Doch europäische Regierungen exportieren weiterhin in die Emirate. Das deutet für den Ex-UN-Ermittler Lewis darauf hin, dass die Europäer diese Berichte über das Umleiten von Waffen „entweder nicht zur Kenntnis genommen haben – was schwer vorstellbar ist, da sie zu den ersten Dingen gehören, die ein Beamter der Rüstungsexportkontrolle überprüfen würde – oder dass sie diese schlichtweg ignorieren“.
Die Emirate sind ein mächtiger Player in Afrika, mit rund 60 Milliarden US-Dollar Handelsvolumen jährlich und Großinvestitionen in Häfen, Minen, Energie und Landwirtschaft. Ein Teil ihrer Exporte sind Waffensysteme, die sich arme Länder eigentlich nicht leisten können. Als die marode Armee der Demokratischen Republik Kongo 2023 aus den Emiraten Militärfahrzeuge, Waffen und Hubschrauber zum Kampf gegen Rebellen spendiert bekam, erhielten VAE-Firmen im Gegenzug Minenkonzessionen im Wert von fast zwei Milliarden Dollar, unter anderem für Gold.
Umgekehrt ist Sudans RSF-Miliz schon lange in Dubai in den Emiraten präsent, gründete offenbar schon vor dem Krieg ein Netz an Firmen, darunter Logistikunternehmen und Goldhandelsfirmen: „In Dubai wurde ein ehemaliger hochrangiger Beamter der Zentralbank Sudans zum Finanzberater der RSF ernannt und half der Organisation bei der Verwaltung dieses komplexen Geflechts von Strohfirmen und anderen Organisationen“, heißt es in einem UN-Bericht vom Januar 2024. Über die Al Khaleej Bank in Dubai, die wegen ihrer Kontakte zur RSF mittlerweile auf den EU- und US-Sanktionslisten steht, würden die Zahlungen abgewickelt, heißt es im Bericht weiter: „Vertrauliche Quellen übermittelten den UN-Experten Dokumente, aus denen hervorgeht, dass im März 2023, wenige Wochen vor Kriegsbeginn, eine Überweisung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar von Sudans Zentralbank an die Al Khaleej Bank erfolgte.“ Das Geld, mit dem die RSF Waffen einkaufen kann, liegt also womöglich längst auf Konten in Dubai.
Ab 2024 sind auf RSF-Videos neuere Waffen zu sehen, etwa Kampfdrohnen und Haubitzen aus China, die offiziell an die VAE geliefert worden waren. In einem Video von April 2024 sieht man hochmoderne Sturmgewehre der serbischen Firma Zastava mit Sitz in Belgrad, die diese in Partnerschaft mit der emiratischen Firma ASG-Trading herstellt. Auf taz-Anfrage antwortet Zastava nicht. Die Firma hat laut Amnesty solche Sturmgewehre an Burkina Faso verkauft. Auch Endnutzerzertifikate aus Malawi und der DR Kongo für serbische Waffen könnten Lieferungen nach Sudan verschleiern, so eine Recherche des Pariser Fachblatts Africa Intelligence. Experte Lewis, der einst als UN-Ermittler Endnutzerzertifikate geprüft hat, sagt, dass „viele Regierungen an der Umleitung von Waffenlieferungen mitschuldig sind, indem sie echte, aber inhaltlich falsche und nutzlose Zertifikate ausstellen.“
Die Maschinen starten meist in Abu Dhabi
Ruben de Koning, der RSF-Schmuggelrouten über die Nachbarländer für die „Globale Initiative gegen grenzüberschreitende organisierte Verbrechen“ recherchiert, weist darauf hin: Es sei schwer, nachzuweisen, „ob die Waffen von einer legitimen Lieferung abgezweigt wurden oder ob sie direkt nach Darfur eingeführt wurden.“ Dies macht es laut de Koning schwer herauszufinden, ob die Lieferungen aus den VAE an die RSF offizielle Regierungspolitik der Emirate darstellen, oder ob es nicht informelle „Schlupflöcher“ gebe.
Gegen die Vorwürfe wehrt sich die Regierung der VAE. Deren Botschaft in Berlin verfasste gegenüber der taz lange Stellungnahmen, die nicht zitiert werden dürfen. Mitte November erklärte das VAE-Außenministerium, es habe eine interne Untersuchung durchgeführt, und bekräftigt, dass „jegliche Versuche des Missbrauchs unseres Territoriums, unserer Häfen oder unseres Luftraums für illegale Aktivitäten“ verhindert würden. „Dies schließt auch Versuche des Waffenschmuggels an die Kriegsparteien im sudanesischen Bürgerkrieg oder in andere Konfliktgebiete ein.“
Mike Lewis reicht das nicht: „Wenn die emiratische Regierung behauptet, dass diese Gegenstände ohne ihre Genehmigung heimlich aus den VAE geschmuggelt werden, muss sie erklären, warum sie ihre Grenzen nicht kontrolliert“, sagt er. „Warum können sie Flugzeuge nicht vor dem Abflug auf Waffen überprüfen, wie es in allen anderen Ländern der Welt üblich ist?“
Die Flugrouten ändern sich stetig. „Es ist ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel“, sagt de Koning. Die Lieferwege würden stetig neu angepasst, um „das Risiko des Abfangens zu minimieren.“ Nicht immer mit Erfolg: Im vergangenen Jahr gelangten über 120 Toyota-Jeeps über den Atlantikhafen Douala in Kamerun nach Tschad mit dem Ziel Sudan. Sie wurden vom Interpol-Büro in Tschad konfisziert und parken nun dort im Hinterhof. Daraufhin wurden die Flugrouten eine Zeit lang über Kenia, Uganda und Ruanda umgeleitet, sagt de Koning. In Libyen mit seinem zerfallenen Staat ist das Risiko des Abfangens deutlich kleiner.
Im Internet kann man die Flugrouten nachvollziehen. Die Maschinen starten meist in Abu Dhabi, Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Von dort geht es an den äußersten Zipfel am Horn von Afrika: Bosaso in der von Somalia abtrünnigen Region Puntland. Am dortigen Flughafen, der von den VAE gebaut wurde, gibt es ein Warenlager, ein Munitionsdepot, einen Hangar, ein Feldlazarett. Von Bosaso geht es weiter nach Kufra in Libyen. Der Rückweg folgt derselben Route.
Gegenüber UN-Ermittlern hat die Regierung der Emirate im vergangenen Jahr erklärt, die Maschinen würden keine Waffen bringen, sondern Hilfsgüter; keine Militärfahrzeuge, sondern Krankenwagen, Schulranzen sowie Computer und Nähmaschinen. Neben einem Feldlazarett für Kriegsversehrte seien Schulen renoviert, Brunnen gebohrt und eine Moschee erneuert worden.
Die Kontaktpersonen, mit denen der libysche Journalist Senussi in Kufra in einem Café sitzt, können darüber nur schmunzeln. Sie berichten, dass Offiziere der Libyschen Nationalarmee von General Haftar, einem Verbündeten der VAE, sie angeheuert haben. Aus den Flugzeugen würden sie Toyota-Jeeps und Lastwagen holen. Auf deren Ladeflächen: Raketen. Die Fahrzeuge würden sie nach Sudan fahren und an RSF-Offiziere übergeben. Kufra sei eine „Logistikbasis“ der RSF geworden. Neben Geländewagen auch für Ersatzteile, Medikamente, Lebensmittel, sogar Kühe. Seit Kriegsbeginn im Sudan boomt dort der Handel.
„Wir sind einmal bis an den Belagerungsring von El Fasher gefahren“, berichtet ein libyscher Student aus Kufra der taz am Telefon. Er habe für die LNA mehr als 20 Fahrten unternommen: „Meist in die nächste Garnison der RSF, 200 Kilometer innerhalb Darfurs.“
Inzwischen werden Rüstungsgüter, die in Kufra landen, nicht mehr nur per Lastwagen zur RSF nach Darfur gebracht, berichten lokale Quellen, sondern auch in Kleinflugzeugen. „Am Morgen nach den nächtlichen Landungen starten kleinere Maschinen in Richtung Darfur“, bestätigt Journalist Senussi. Die Landebahnen der verlassenen Basen der einstigen UN-Darfur-Mission Unamid, die mittlerweile unter RSF-Kontrolle stehen, seien dafür geeignet, sagt der ehemalige UN-Ermittler Lewis. Im September 2024 eröffnete die RSF außerdem feierlich die Landebahn auf dem Flughafen von Nyala im Süden Darfurs neu – traditionell ein Umschlagplatz für Gold und andere Rohstoffe. Am Flughafen hat die RSF ihr Hauptquartier eingerichtet, die Landebahn ist für schwere Transportmaschinen geeignet – Satellitenaufnahmen lassen darauf schließen, dass die RSF in Nyala auch Kampfdrohnen geparkt hat, die aus China an die Emirate geliefert wurden.
Deutschland liefert großzügig
Als die deutsche Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) Mitte November nach Abu Dhabi flog, kurz nach den RSF-Massakern in El Fasher, wäre es ein guter Moment gewesen, das Thema Sudan anzusprechen. Die schwerreichen Emirate sind Deutschlands wichtigster Handelspartner in der Region, noch vor Saudi-Arabien. Stattdessen sagte die Ministerin: „Mit dieser Reise vertiefen wir unsere Zusammenarbeit und erschließen neue Chancen. In einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen muss Deutschland seine strategischen Partnerschaften aktiv gestalten.“
Die aktive Gestaltung übernimmt etwa der deutsch-französische Flugzeughersteller Airbus. Er strebt mit den VAE ein Milliardengeschäft über den Militärtransporter A400M an. Die Maschine soll zukünftig auch in den Emiraten gebaut werden. Mitte November präsentierte Airbus den Transporter mit großem Pomp auf einer Messe in Dubai. Die Werbeoffensive, die einen Flug mit offener Laderampe über den Golf umfasste, dürfte sich gelohnt haben. Airbus einigte sich am Rande der Messe mit der Mubadala Invest Company aus Abu Dhabi auf einen industriellen Rahmenvertrag.
Dies sei ein „bedeutender Schritt, um den Luft- und Raumfahrtsektor der VAE zu stärken“, teilte Airbus auf taz-Anfrage mit. „Die Vereinbarung schafft einen Rahmen für die Zusammenarbeit bei der Herstellung, Montage und Wartung des Militärtransportflugzeugs Airbus A400M.“ Airbus wirbt damit, dass die A400M besonders gut für den Transport schwerer gepanzerter Fahrzeuge geeignet sei. Zudem könne das Flugzeug mit seinen Propellerturbinen auch gut auf kurzen und unbefestigten Landebahnen landen.
Für Rüstungsforscher Max Mutschler vom Bonner Konfliktforschungsinstitut BICC ist klar: „Der A400M eignet sich hervorragend, um Fahrzeuge wie den Nimr zu transportieren.“ Zudem könnten die VAE mit dem Transportflugzeug ihre Exportpolitik noch aktiver gestalten. „Je selbstständiger die Emirate über ihre eigene Produktion entscheiden, desto mehr könnte zukünftig nach Sudan, Jemen und anderswohin gelangen“, sagt Mutschler.
Noch steht die finale Vereinbarung zwischen Airbus und den Emiraten aus. Zur Frage nach einer möglichen Sudan-Verwendung des A400M gibt sich das Unternehmen zugeknöpft. „Airbus hält sich vollständig an die nationalen und europäischen Vorschriften für den Export von Rüstungsgütern.“
Das in Deutschland für Liefergenehmigungen von Rüstungsgütern zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) antwortet nicht auf die Frage, ob es dort Befürchtungen gebe, dass deutsche Waffen im Sudan zum Einsatz kommen. Ausfuhrgenehmigungen für Waffen würden nur erteilt, „wenn der Endverbleib dieser Güter im Empfängerland per Endverbleibserklärung“ sichergestellt sei, heißt es ganz allgemein auf taz-Anfrage. In den Emiraten prüfte die deutsche Seite nur ein einziges Mal den Endverbleib der Waffen – im Jahr 2017.
Dabei zeigt sich Deutschland durchaus großzügig mit Waffenlieferungen an die Emirate. Seit 2023 beliefen sich die deutschen Rüstungsexporte an die VAE auf mehr als 244 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Jahreswert der deutschen Waffenexporte nach Frankreich im Jahr 2023 lag bei etwa 293 Millionen Euro.
Trotz der Kritik an den VAE hält die Unionsfraktion im Bundestag an den Lieferungen an das Land fest. „Generelle Exportstopps sind selten die richtige Lösung“, erklärte ihr außenpolitischer Sprecher, Jürgen Hardt, gegenüber der taz. Der Bundessicherheitsrat entscheide im Einzelfall, und das sei die richtige Vorgehensweise. „Die desaströse Bilanz der emiratischen Sudanpolitik wird dabei berücksichtigt werden.“ Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetović, äußerte sich auf wiederholte taz-Anfrage nicht zu der Frage.
Vertreter*innen des Auswärtigen Amts hätten wiederholt „alle Unterstützer der Kriegsparteien gedrängt, die Lieferung von Waffen nach Sudan einzustellen“, heißt es von dort gegenüber der taz. Die Waffenlieferanten beider Seiten „tragen Verantwortung dafür, das Leid der Menschen in Sudan zu beenden“.
Unterdessen sucht Ägypten, wichtigster Verbündeter von Sudans Armee gegen die RSF, nach anderen Möglichkeiten. Ende November bombardierten ägyptische Kampfflugzeuge in Libyen einen Konvoi auf dem Weg von Kufra Richtung Sudan. Tankwagen und Munitionstransporte sollen explodiert sein, zahlreiche Tote und Verletzte später ins Krankenhaus von Kufra eingeliefert worden, berichten lokale Quellen. „Wir stehen jetzt wohl nicht mehr am Rande“, sagt Journalist Senussi aus Kufra zur taz: „Wir sind jetzt mitten im Krieg.“
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!