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mietrechtDie Reform als Angstnummer

Waffengleichheit bei Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern gehören ins Reich der Illusionen. Wer dem Vermieter nicht passt, hat schlechte Karten: bei der Wohnungssuche, der Festlegung einer Mietobergrenze, bei Staffelmieten oder Kündigung wegen Eigenbedarfs. Angesichts der alltäglichen Schikanen bedeutet die Mietrechtsreform aus dem Hause der Bundesjustizministerin ein Stückchen mehr Rechtssicherheit. Die Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit verheirateten Mietparteien, die neue Regelung bei Kündigungsfristen und die Transparenz der Betriebskostenabrechnungen gehören zu den Eckpfeilern einer Reform, die bei Zweifels- oder Streitfällen Vermieter deutlich in die Schranken weist. Doch viel mehr hat Däubler-Gmelin bei der Hausbesitzerlobby und den eigenen Parteistrategen nicht erreicht. Zu groß war anscheinend die Sorge, dass sonst die Investitionen im Wohnungsbau ausbleiben könnten.

Kommentarvon ROLF LAUTENSCHLÄGER

Denn was einmal als kapitale Mietrechtsreform angekündigt worden war, verliert sich im Unentschiedenen. Die Senkung der Kappungsgrenze mag zwar die Wohnungsnutzer freuen, die sich nun sicher sein können, dass die Mieten in drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent steigen dürfen. Dass allerdings bis 1998 die gleiche Regelung galt und die SPD mit einer Kappungsgrenze von 15 Prozent auf Stimmenfang gegangen war, lässt die große Reform zur Revision verblassen.

En detail kommt es für Mieter noch schlimmer: Statt die Umlagekosten auf 9 Prozent zu reduzieren, wie die Grünen gefordert hatten, schlägt sich Däubler-Gmelin auf die Seite der Vermieter, die weiterhin 11 Prozent der Modernisierungmittel auf die Jahresmiete draufsatteln können – plus Subventionen für Energie sparende Baumaßnahmen. Auch hier gleicht die Mietrechtsreform einer baupolitischen Angstnummer der SPD, die lieber die Renovierungen beim Wohnungsbau fördert, als die Mieter zu entlasten.

Zudem weist das neue Mietrecht keine explizite Definition bei so genannten Schönheitsreparaturen und den dazugehörigen Fristen aus. Wer wann die Küche und das Bad wieder streichen muss oder vom Vermieter den Ersatz eines verrotteten Fensters verlangen kann, regelt der Gesetzentwurf nicht. Und genau hier beginnen jedoch die Streitigkeiten. Dann heißt es wieder Wohungssuche – und dabei wartet schon die Staffelmiete, die zur Freude der Vermieter künftig unbefristet zulässig ist.

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