: Die Partei Gottes und ihre Freunde
■ Die am wenigsten greifbare Organisation in der libanesischen Parteienlandschaft
„Es gibt nur einen Führer, Ruollah (Khomeini), es gibt nur eine Partei, Hizballah!“ lautete die Parole der Schlägertruppen, die nach der iranisch–islamischen Revolution im Jahre 1979 Demonstrationen von Linken und Frauen in Teheran angriffen. Seit dem Erstarken der schiitischen Bewegung im Libanon, bei dem das durch die Errichtung der Islamischen Republik gestärkte Selbstbewußtsein eine Rolle spielte, gibt es auch im Libanon die Hizballah, die Partei Gottes. Die Hizballah ist eine der am wenigsten greifbaren und radikalsten Organisationen in der zersplitterten libanesischen Parteien– und Sektenlandschaft. Ihre zahlenmäßige Stärke ist nicht auszumachen. Die armen schiitischen Vororte im Süden Beiruts mit ihren rund 200.000 Einwohnern gelten als ihre Hochburg. Hier hat sich auch ihr „geistiger Führer“, Scheikh Mohammed Hussein Fadlallah, niedergelassen. Aber auch im Südlibanon, eine der locker strukturierten, ebenfalls schiitischen D sich dem Kampf gegen Israel verschrieben haben, zu einer Alternative geworden. Wem der eher laizistisch eingestellte Amal–Führer Nabih Berri zu weltlich gesonnen ist, wer ihm vorhält, er würde sich mit „progressiven“ Politkern wie KP–Chef Hawi oder Drusenführer Junblatt treffen, der findet hier eine organisatorische Heimat, die frei von solchen Abweichungen ist, und deren Linie als „rein“ und „klar“ bezeichnet wird. Die Vertreibung Israels aus der sogenannten Sicherheitszone und der Kampf gegen die USA samt ihren Helfern und Verbündeten rangieren bei den politischen Vorstellungen der Hizballah ganz oben auf der Liste. Dane ben wird in einer im Febraur 1985 veröffentlichten programmatischen Erklärung auch das Ende der phalagistischen Hegemonialinteressen sowie politische Meinungsfreiheit für alle Libanesen gefordert. Mehr als einmal hat die Gottespartei zum Sturz der libanesischen Regierung aufgerufen. Demgegenüber ist Amal stärker sozialpolitisch orientiert und erhofft sich durch einen Zugriff auf Regierungspfründe Gelder für die Entwicklung der vernachlässigten schiitischen Gebiete, die derzeit freilich eher in die Kassen der Miliz zu fließen scheinen. Zweiter Konfliktpunkt ist das Verhältnis zu Israel. Amal ist an Ruhe entlang der Grenze in ihrem künftigen Kanton interessiert. Zumindest Teile der heterogenen Bewegung sind auch bereit, entsprechende Ordnungsfunktionen gegenüber dem Nachbarland wahrzunehmen. So ist es nicht verwunderlich, daß die Hizballah im Lagerkrieg zwischen Palästinensern und Amal offiziell eine neutrale Position bezogen haben. Im Zuge einer iranischen Vermittlung konnten Hizballah–Truppen im Dezember als Puffer zwischen Berris Milizionären und den Palästinensern in den von letzteren eroberten Christenort Magdoushi einziehen, was einer politischen Aufwertung gleichkommt. Auf individueller Ebene sollen allerdings auch Hizballahi an der Seite Amals in Magdoushi mitgekämpft haben; genannt wird die Zahl zweihundert. Neben guten Beziehungen zur Teheraner Führung arbeitet Hizballah auch eng mit einer anderen schiitischen Gruppierung, der „Amal Islamieh“ unter Führung von Hossein Mussawi, zusammen. Diese Gruppe, die sich 1982 von der Amal des Nabih Berri abgespalten hat, vermochte zusammen mit einer Truppe iranischer Revolutionsgardisten so etwas wie einen islamischen Mini–Staat unter syrischer Kontrolle in der ostlibanesischen Stadt Baalbek zu errichten. In der Weltöffentlichkeit wurde die Existenz radikaler schiitischer Strömungen erst im Jahre 1983 wahrgenommen, als sich eine bislang unbekannte Gruppe namens „Jihad Islamieh“ (Islamischer Heiliger Krieg) zu dem Anschlag auf die US–Botschaft in Beirut bekannte. Viele Beobachter gehen davon aus, daß sich die Mitglieder von Jihad–Kommandos aus den Reihen der Amal Islamieh und Hizballah rekrutieren. Daher ist die Erklärung der Hizballah vom Mittwoch, in der sie jede Beteiligung von Entführungen von Ausländern im Libanon abstritt, mit Vorsicht zu genießen. Beate Seel
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