: Die Nicaraguaner hoffen auf den US-Kongreß
Große Aufmerksamkeit in der nicaraguanischen Bevölkerung für die Ergebnisse des Gipfels von San Jose / Trotz Friedenshoffnungen bleibt allerdings Skepsis / Opposition mißtraut Ortega / Große Friedensdemonstration geplant ■ Von Eva von Hase-Mihalik
Managua (taz) – Alberto Cuadra ärgert sich. Bereits am Sonntag mittag um halb zwölf ist in Managua keine der beiden Tageszeitungen Barricada oder El Nuevo Diario mit den Ergebnissen von „Esquipulas III“, dem Gipfel von San Jose, mehr zu bekommen. Ausverkauft! Nicht einmal in der Wartehalle des Flughafens „Augusto Cesar Sandino“, geschweige denn im großen „Roberto-Huembes“-Markt oder an den üblichen großen Straßenkreuzungen – die wegen der Benzinrationierung fast autoleer sind – ist noch ein Exemplar aufzutreiben. Einzig die oppositionelle La Prensa vom Vorabend ist noch zu erstehen.
Alberto, um die 40 und Familienvater aus dem Mittelstandsviertel „Altamira“ war am Samstag abend von Präsident Daniel Ortega, bei der Übertragung der Pressekonferenz aus Costa Rica, begeistert worden. „Der war eloquent und schlagfertig und ist richtig zu Hochform aufgelaufen. Sonst ist er bei seinen politischen Reden doch eher langweilig und ermüdend.“ Mit dieser Ansicht über die Flexibilität des Präsidenten steht Alberto in Nicaragua nicht alleine da. Das Interesse an den Ergebnissen des „Friedenstreffens“ ist groß.
In Nicaragua haben die Ankün digungen von Präsident Ortega – den Ausnahmezustand aufzuheben, einen Waffenstillstand in direkten Verhandlungen mit der Contra zu suchen, und danach eine Generalamnestie zu erlassen – bei großen Teilen des Volkes Zustimmung ausgelöst. Auch wenn die beabsichtigte Generalamnestie immer wieder die Frage ertönen läßt: „Wollen die wirklich alle Folterer und Mörder laufen lassen?“
„Allerdings hängt alles davon ab, wie die US-Regierung sich dazu verhält“, erklärt eine Studentin. Allen ist bewußt, daß der US-Kongreß am 4.Februar eine Sitzung anberaumt hat, bei der über eine weitere Contra-Finan zierung beschlossen wird. „Aber wenigstens haben wir jetzt alle Vorwände beiseite geräumt, die die USA benutzen, um den Krieg weiterzuführen.“ Während die parlamentarischen Oppositionsparteien wie die PPSC und die konservative Partei den Gipfel sehr vorsichtig als einen möglichen Fortschritt werten, „der sich nur in der Praxis bewahrheiten kann und vertieft werden muß“, richten die Mitglieder der „Coordinadora Democratica“ heftige Attacken gegen die Sandinisten.
Einige ihrer führenden Mitglieder hatten letzte Woche in Guatemala an einem Treffen mit der Contra-Führung teilgenommen, um die Zusammenarbeit zwischen der Contra und der internen Opposition zu koordinieren. Als die Mitglieder der „Coordinadora Democratica“ dann auf dem Flughafen in Managua wegen Umsturzplänen gegen die Regierung verhaftet und nach 48 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, war die Empörung über „den Unrechtsstaat“ groß. Ein Gradmesser für die Unterstützung der Sandinisten wird die Friedens- Demonstration sein, zu der die FSLN am 22.Januar aufruft. Sie soll dazu beitragen, daß sich der amerikanische Kongreß gegen eine weitere Contra-Finanzierung ausspricht. Alberto will auf alle Fälle mit seinen Kindern auf dem Platz der Revolution erscheinen.
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