PORTRAIT: Die Männer überzeugen
■ Staatssekretärin Friederike de Haas (CDU) ist in Sachsen für die Gleichstellung von Frau und Mann verantwortlich
Dresden (taz) — Friederike de Haas erinnert sich noch ganz genau an die Verfassungsdiskussion im sächsischen Landtag. Dortselbst stellte die CDU-Frau, seit Herbst 1990 Gleichstellungsbeauftragte des Freistaates Sachsen, einen Antrag auf Änderung des Textes. In der neuen Verfassung sollte künftig von „Frauen und Männern“ die Rede sein. Und wenn schon das männliche Geschlecht „im Sinne der Lesbarkeit“ Norm sein solle, dann bitte müsse es doch einen Vermerk geben, daß immer auch die weibliche Form mitzudenken sei. „Ich wurde belächelt“, erzählt sie und spricht von der „Schwierigkeit“, gewissen Männern klar zu machen, daß „Sprache doch auch Bewußtsein bildet“.
Friederike de Haas spricht gern freimütig von „meiner eigenen Bewußtseinsbildung“. Die gelernte Krankenschwester und Mutter von vier Kindern „ärgerte sich schwarz“, als nach dem Herbst 1989 „nur die Männer“ in die entsprechenden Positionen rutschten. „Stehenden Fußes“ sei sie als engagierte Protestantin in die CDU eingetreten. Ihre Begründung: „Ich wollte eine neue Ost-CDU“. Bei den Wahlen rutschte Friederike de Haas dann auch gleich auf Stelle zwei der sächsichen Landesliste.
„Aber die Frauen fielen doch wieder einmal in ihre alten Rollen zurück. Es zeigte sich, daß es in der früheren DDR überhaupt keine richtige Diskussion über die Frauenbewegung gegeben hat, die mit der in der Bundesrepublik vergleichbar gewesen wäre. Wir müssen jetzt erstmal vieles nachholen“, weiß die sächsische Gleichstellungsbeauftragte. Wie sie dies allerdings am sächsischen Königshof unter King Kurt bewerkstelligt, ist nach zweijähriger Amstzeit zumindest engagierten Frauen aus der Bürgerbewegung Bündnis90 unklar. Die ruhige, in weite Seidengewänder gehüllte Politikerin gilt vielen als „zu sanft“ und „diplomatisch“.
„Ich gehe eben von dem Prinzip aus, daß nur zusammen mit den Männern wirklich Veränderungen zu erreichen sind“. Die Arbeit in der Staatskanzlei habe sie gelehrt, daß ein „Konfrontationskurs“ letztlich gar nichts bewirkt. Von Quotenregelungen, wie sie etwa in dem neuen Entwurf für ein sächsisches Gleichstellungsgesetz gefordert wurden, hält sie nichts, denn „wir müssen die Männer schon mit unserer Persönlichkeit davon überzeugen, daß wir genausogut sind“.
Nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ zupft sie ihre Kabinettskollegen dann auch gelegentlich mahnend am Anzugärmel und ist der festen Überzeugung, daß dies doch einmal Erfolge zeitigen wird. Zum Beispiel bei der Diskussion um den Paragraph 218 habe sie viele ihrer CDU-Kollegen auf die Linie von Rita Süßmuth einschwören können. Stolz ist sie auch auf die Verabschiedung der „Leitlinien zur Förderung der Beschäftigung von Frauen im öffentlichen Dienst“. Daß die „Leitlinien“ größtenteils Kann-Bestimmungen sind und die Ämter nicht zur Berichtspflicht über frauenfördernde Maßnahmen herangezogen werden, zeige aber auch ihren begrenzten Einfluß.
„Ich gebe zu, daß ich mir die Arbeit einfacher vorgestellt habe“, resümiert Friederike de Haas und erzählt in gleichem Atemzug, daß „diese ständige Legitimierung meines Postens mich schon auch entnervt“. Und dies, obwohl sie sich — in der Dresdner Staatskanzlei direkt Kurt Biedenkopf unterstellt — im Gehörgang des „aufgeklärten“ Ministerpräsidenten wähnt.
Probleme sieht sie noch auf ganz anderen Gebieten. Es sei unendlich schwer, gerade die Gruppe der jetzt arbeitslos gewordenen Frauen — der Anteil liegt in Sachsen bei 62 Prozent — zu erreichen. Bei aller Kritik über die mangelnde Bereitstellung von Teilzeitangeboten müsse sie aber registrieren, daß viele Frauen diese „aus finanziellen Gründen“ gar nicht annehmen. Kopfzerbrechen bereite ihr auch die „junge Frauengeneration“, die zum Teil noch ganz in dem alten „Hierarchiedenken“ verhaftet sei. „Es gibt ein großes Versorgungsdenken und ich sehe da erst, was diese DDR für einen Schaden angerichtet hat. Die jungen Frauen müssen endlich selber losgehen“. Gern zitiert sie das Beispiel von drei Existenzgründungsseminaren für Frauen, für die sich trotz Finanzierung durch das Arbeitsamt nicht genügend Frauen zusammenfanden. Und die Bewußtseinsbildung der Staatssekretärin mündet dann in dem Seufzer: „Manchmal frage ich mich, für welche Frauen setzt du dich eigentlich ein?“ Nana Brink
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