: Die Macht der Natur
■ Otto Modersohns Zeichnungen in einer Ausstellung im Westfälischen Lanedsmuseum in Münster
Münster (dpa) - „Es ergriff mich so, diese übervollen kleinen Blätter in Händen zu halten, mich in ihr Geheimnis hineinzuschauen...“ schrieb der Dichter Rainer Maria Rilke über das Werk von Otto Modersohn, mit dem er um die Jahrhundertwende in der norddeutschen Künstlerkolonie Worpswede wohnte. Rund 190 Zeichnungen Modersohns, der gewöhnlich im Schatten seiner populäreren Frau, der Malerin Paula Becker-Modersohn steht, zeigt vom Sonntag an bis zum 30. Oktober das Westfälische Landesmuseum in Münster. Im Februar und März nächsten Jahres sind die Arbeiten, die vielfach noch nie öffentlich gezeigt wurden, in der Kunsthalle Bremen zu sehen.
Die norddeutsche Landschaft, die Macht der Natur war es immer wieder, die den 1943 gestorbenen Künstler begeisterte. Moorlandschaften von herber Strenge entstehen um 1890 in Worpswede. Wolken ballen sich, die Dramatik wird bisweilen sogar von der unruhigen Beschriftung Modersohns auf einzelnen Blättern („Wolkenberge über dem Weyerberg“) noch unterstrichen. Naturstudien wie das „Moorloch“ lassen, fernab jeder steifen akademischen Tradition, Gräser und Blätter zu einer verwirbelten Schraffur werden.
Die von Rilke besonders geschätzten, oft nur postkartengroßen „Abendblätter“, die als freie Naturkompositionen im Atelier entstanden, sind mit ihren knappen, kräftigen Kohle- und Rötelstrichen fast beunruhigend. Birken und Büsche stemmen sich gegen den Sturm, der durch die „Landschaft mit See“ aus den 30er Jahren zu fegen scheint. Schäfer und Spaziergänger, Bootsfahrer und Bauern werden von den wie Wogen getürmten Wolkenbergen fast verschlungen.
Gerd Korinthenberg
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