theater: Die Kraft der Location

Verregnete Ferienlager können ganz schön öde sein: Tagelanges Kartenspielen im Zelt, anstelle von Badespaß, Lagerfeuer und ersten aufregenden Urlaubsromanzen. Pünktlich zum Start von FERIENLAGER 04 scheint sich nun eine Wettertrendwende anzubahnen. Die Premiere von „Trabanten“, dem ersten von vier Theaterstücken, die noch bis zum 22. August auf der Dachterrasse des Crowne Plaza Hotels am Rudolfplatz aufgeführt werden, wurde nicht von Donnergrollen untermalt, sondern allenfalls von aus weiter Tiefe heulenden, frisierten Automotoren und vorbeiflatternden Hubschraubern.

Die Macher von FERIENLAGER 04, bei dem auch Lesungen, Konzerte und Filme auf dem Programm stehen, haben sich für ihr Festival eine atemberaubende Location ausgesucht. Auf dem 10. Stock des Hotels hat man ein Panorama, welches der zerpflückten Stadt beinahe so etwas wie Anmut verleiht.

In völligem Kontrast zu derart weitläufigen Blickachsen steht die Enge des Spielorts: Das Publikum sitzt auf Sofas, die entlang der Terrassenränder ein Quadrat bilden. So entsteht eine Manege, in der die Schauspieler in direkter Publikumsnähe agieren.

Analog zum Aufführungsort lässt Kai Ivo Baulitz, der 1971 geborene Autor von „Trabanten“, sein Stück zum großen Teil auf dem Dach eines Hochhauses spielen. Unter diesem befindet sich nicht die Präsidentensuite, sondern die Wohnung des sterbenden Autohausbesitzers Paul Krone. Die Angestellten, Freunde und Verwandten haben es auf das Erbe des egomanischen Monarchen abgesehen, lauern wie Geier auf den Tod des dahinsiechenden Mannes. Dabei ver- und entwirrt sich so manches Beziehungsgeflecht, aus Puzzlestücken setzt sich nach und nach die Geschichte der Protagonisten zusammen: Und alles dreht sich um Paul Krone.

Regisseur Malte Jelden und Ausstatterin Dorothe Curio setzen auf ein minimalistisches Bühnenbild und spärliche Requisiten, lassen stattdessen die Kraft der Location und der Figuren für sich wirken. Das Prinzip geht auf: Trotz vereinzelter Unsicherheiten des zum Teil noch recht jungen Ensembles fühlt man sich am Ende nicht als Zuschauer, sondern als Zeuge. Oliver Minck

Weitere Aufführungen von „Trabanten“ am 5., 10, 20., 21., 22. August, Crowne Plaza am Rudolfplatz, 21 Uhr