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Die Kindheit, ein Wettbewerb

Handelskammer fordert, alle Schulen zu privatisieren: Denn Wettbewerb macht Leistung, und die macht sich gut im Ranking  ■ Von Sandra Wilsdorf

Sie haben ein stromlinienförmiges Kind mit einem großen Gehirn? Es hat schon mit drei Jahren vom Kinderkanal nach Phoenix umgeschaltet und liest seit Jahren Managerbiographien? Dann dürfte Sie ein Vorschlag der Hamburger Handelskammer interessieren: Die will nämlich alle Schulen privatisieren und so die Konkurrenz der Schulen untereinander und insgesamt die Leistung fördern. Nach ihrer Analyse gibt nämlich kein Bundesland so viel wie Hamburg für seine Schüler aus, nämlich knapp 12.000 Mark pro Jahr. „Wenn wir schon das teuerste Bildungssystem haben, dann wollen wir auch das beste haben“, sagt Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Bisherige Analysen aber hätten Hamburgs Schüler maximal im Mittelfeld gesehen.

Schmidt-Trenz sieht das Grundübel darin, dass die Schulbehörde gleichzeitig die Schulen betreibt und sie beaufsichtigt. Sie solle sich vielmehr auf die reine Aufsichtsaufgabe beschränken, den Rest soll der Markt regeln. Die Eltern sollen die 12.000 Mark in Form von Bildungsgutscheinen „ausgezahlt“ bekommen und sich dann die passende Schule suchen.

In Ihrem Fall wird sich sicher irgendein Gymnasium finden, das Ihr Kind in allerhöchstens zwölf Jahren zu einem einskommairgendwas-Abitur bringen wird. Vielleicht bekommen Sie sogar noch Geld zurück.

Ach. Ihr Kind ist gar nicht schlau, ist womöglich lernbehindert oder aggressiv? Spricht kein perfektes Deutsch? Tja, das ist ein Problem, die Schulen müssen ja nicht mehr jeden nehmen. „Es wird auch Spezialangebote für verschiedene Handikaps geben“, verspricht Schmidt-Trenz. Er wolle schließlich nicht die allgemeinde Schulpflicht abschaffen, vielleicht müsse man da modifizieren: So dass die Schule sich nur einen Teil der Schüler aussuchen könne. Aber es gehe ja auch mehr um den großen Wurf.

Die Schulbehörde sagt dazu: „Wir wollen nicht, dass aus dem Schulsystem ein Klassensystem wird“, so Landesschulrat Peter Daschner. Wettbewerb der Schulen fördere die Behörde, aber Schule habe auch die Aufgabe, einen sozialen Ausgleich zu schaffen. „Deshalb zahlen wir für die Schule in Wilhelmsburg ja auch mehr als für eine in Othmarschen.“ Ähnlich sieht das die GEW: „Der Vorschlag bezieht sich ausschließlich auf bildungsstarke Gruppen, die soziale Aufgabe fällt völlig vom Tisch“, sagt Katrin Blümel.

Und auch Meike Jensen, die Vorsitzende der Hamburger Elternkammer, reagiert spontan ablehnend: „Das entspricht so überhaupt nicht meinen Vorstellungen von Chancengleichheit, sondern klingt eher nach Ellenbogengesellschaft. Schule muss auch ein Schonraum sein, in dem Marktwirtschaft nichts zu suchen hat.“

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