INTERVIEW: „Die Kinder haben jetzt das Problem“
■ Für die Frauen ist die Zeit der Doppelnamen dank der Entscheidung der Karlsruher Richter vorbei/ Schwierig wird es für die Kinder
Hela Rischmüller-Pörtner ist Rechtsanwältin und lebt in Hannover.
taz: Sie tragen selbst einen Doppelnamen. Sind Sie denn glücklich damit?
Hela Rischmüller-Pörtner: Nein, nicht sonderlich. Es ist wirklich umständlich mit einem solchen Bandwurmnamen.
Was halten Sie von der Karlsruher Entscheidung?
Ich finde sie sehr angenehm für die Eheleute, die jetzt ihren jeweiligen Namen behalten können. Für die Kinder ist es aber problematischer.
Wenn sich die Ehepartner nicht einigen können, so die Karlsruher Übergangsregelung, soll das Kind den Doppelnamen bekommen. Dabei entscheidet das Los, welcher Name vor den Bindestrich kommt.
Die Kinder haben dann das Problem mit den Wortungetümen. Die Karlsruher Entscheidung erklärt ja nur einen Teil des Ehe- und Familiennamenrechtes für verfassungswidrig, den Paragraph 1355, Abs. 2, Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Dort heißt es: Treffen die Eheleute keine Bestimmung, ist der Ehename der Geburtsname des Mannes. Das war eindeutig ein Verstoß gegen die Gleichberechtigung. Es gibt jedoch noch den Paragraphen 1616 BGB zum Familiennamen. Dort ist festgeschrieben, daß das Kind den Ehenamen seiner Eltern erhalten soll. Man drückt sich hier ein bißchen um die Entscheidung herum.
Was würden Sie vorschlagen?
Kinder können sich ohnehin nicht dagegen wehren, welchen Namen sie bekommen. Dann sollte es wenigstens kein Doppelname sein.
Die Grünen wollen „ein Stück Matriarchat“ verwirklichen: Nach ihrem Gesetzentwurf sollen Kinder grundsätzlich den Namen der Frau bekommen.
Ich bin hier etwas ratlos. Einerseits hätte das möglicherweise zur Folge, daß sich die Männer ihrerseits ans Bundesverfassungsgericht wenden. Andererseits gibt es aus Sicht des Kindes Vorteile. Denn dann hätten wir eine Angleichunng an den Status nichtehelicher Kinder, die ja immer den Namen der Mutter erhalten. Eine Unterscheidung wäre nicht mehr möglich. Das wäre ein Schutz vor Diskriminierung.
Sollen die Kinder später entscheiden können?
Das hielte ich für angebracht. Wobei das aber auch zum Konflikt für das Kind führen kann. Wenn es sich mit 14 Jahren entscheiden soll, dann denkt es vielleicht, es spricht sich mit seiner Namenswahl für oder gegen Vater oder Mutter aus. So eine Regelung müßte sicher ganz gründlich durchdacht werden.
Wird es jetzt zu einer Prozeßlawine kommen?
Ich denke nein. In der Praxis haben viele Eheleute es schon so gehandhabt, wie es jetzt das Bundesverfassungsgericht ermöglicht. Im Rechtsverkehr wurde der Doppelname geführt, im täglichen Umgang aber der Ursprungsname beibehalten. Das wurde ja auch nicht moniert. Eine nachträgliche Änderunge ginge, vorbehaltlich der genauen Kenntnis der Entscheidung, meines Erachtens nur so: Die Frauen müßten den entsprechenden Antrag bei den Verwaltungsbehörden stellen. Als wichtigen Grund müßten sie dann diese Verfassungsentscheidung angeben und noch darlegen, daß sich die Eheleute damals nicht einigen konnten. Eventuell müßten die Frauen noch bei Verwaltungsgerichten klagen — das ist alles langwierig und kostspielig. Interview: Helga Lukoschat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen