■ Cash und Crash: Die Industrieanleihe: Alternative zu Aktie und Bundeswertpapier
Hamburg (taz) – Industrieanlagen boomen gewaltig: In wenigen Jahren hat sich ihr Volumen auf mehr als 8 Milliarden Mark verdreifacht.
Traditionell finanzieren sich Unternehmen in Deutschland entweder über einen Bankkredit oder an der Börse. Es gibt aber noch einen dritten Weg: die Industrieanleihe. Sie wird auch Obligation, Schuldverschreibung oder Bond genannt und ist ein Mittelding zwischen Aktie und Kredit. Dabei handelt es sich im Regelfall um ein festverzinsliches Wertpapier mit einer Laufzeit von mehr als vier Jahren, das aufgelegt und dann über Kreditinstitute verkauft wird.
Warum nun sollten Privatkunden ihr Geld in Industrieanleihen anlegen? Wegen der Rendite. Denn die ist etwas höher als die der „klassischen“ Bundesanleihen, die zur Zeit bei etwa 4,4 Prozent notieren, oder Bankschuldverschreibungen mit 4,5 Prozent Rendite. Industrieanleihen hingegen notieren bei immerhin 5,0 Prozent. „Höherer Zins bedeutet aber auch höheres Risiko“, warnt ein Hamburger Börsianer. „Auch Industrieanleihen können wertlos werden“, ergänzt Volker Pietsch von der Verbraucherzentrale Berlin. Wie 1996, als der renommierte Flugzeugbauer Fokker, an dem immerhin Daimler-Benz beteiligt war, Konkurs anmeldete: Damals blieben tausende auf ihren nun wertlosen Fokker-Anleihen sitzen.
Als Bewertungsmaßstab für den Kleinanleger empfiehlt sich der Zinsabstand zu Bundesanleihen („Spread“) – je größer die Differenz der Zinsen ist, desto größer ist das Risiko! Für sicherheitsorientierte Anleger sollte dieser Zinsabstand nicht mehr als 1 Prozentpunkt betragen. Es kann sinnvoll sein, mit Industrieanleihen zu handeln, um so Kursgewinne zu erzielen. Genau dieses findet an den Börsen statt, dort werden in- und ausländische Anleihen aller Art geführt. Der Kurs einer Anleihe kann jedoch stark schwanken. Sollten die Zinsen steigen, sinken die Kurse der älteren Anleihen (mit niedrigeren Zinsen), weil Investoren selbstverständlich lieber höherverzinsliche Anleihen kaufen. Angesichts der aktuellen Niedrigzinsen sollten Anleger überlegen, ob sie nicht auf Anleihen mit kürzeren Laufzeiten setzen, um dann später auf höher verzinste umzusteigen. Wem das alles zu kompliziert ist, dem bieten Investmentgesellschaften Fonds mit dem Schwerpunkt „Industrieanleihe“ an. Sicherheitsorientierte Anleger sollten auf zukunftsorientierte Global Player in der Industrie setzen, nicht auf irgendwelche Nischenindustrien.
Hermannus Pfeiffer
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