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Archiv-Artikel

Die Historikerin

Von JAF

Dagmar Herzog, Jahrgang 1961, Kind deutscher Eltern, gebürtige Amerikanerin, lehrte und forschte an den Universitäten Michigan State und Harvard sowie am Institute for Advanced Studies in Princeton und ist Professorin am Graduate Center der City University of New York. Ihre Forschungsschwerpunkte sind deutsche und europäische Zeitgeschichte, Sexual- und Geschlechtergeschichte und die Geschichte des Holocaust. Sie lebt mit ihrer Familie in Princeton bei New York.

Seit vielen Jahren untersucht Dagmar Herzog die Sexualpolitik der Nationalsozialisten und die Auswirkungen dieser Politik auf die sexuelle Restauration in den 1950er-Jahren. Ihre Resultate hat sie jüngst in ihrem Buch „Die Politisierung der Lust. Sexualität in der deutschen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts“ (aus dem Englischen von Ursel Schäfer und Anne Emmert, Siedler Verlag, München 2006, 432 Seiten, 24,90 Euro) zusammengefasst. Herzogs Befunde widersprechen fundamental dem landläufigen fachwissenschaftlichen Urteil über die 30er- bis 70er-Jahre, die Nazis seien sexfeindlich, die Nachkriegszeit entsprechend moralisch kontaminiert gewesen. Sexualpolitisches ist innerhalb der Geschichtswissenschaft ohnehin bis heute stets unreflektiert geblieben. Die Kämpfe um sexuelle Selbstbestimmung, gleich unter welchem politischen Regime ausgetragen, finden dort keine Erwähnung.