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Die Haider-Verhinderungsfront zerbröselt

■ Nach dem Erdrutschsieg der FPÖ in Kärnten ist der österreichische Rechtsausleger plötzlich hoffähig. Für die SPÖ gibt es „keine Weisungen“, die ÖVP führt am Donnerstag erste Gespräche

Wien (taz) – „Die FPÖ ist kein zuverlässiger Partner, sie verfügt weder auf Bundes- noch auf Landesebene über Paktfähigkeit.“ So sprach Österreichs Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) letzte Woche. Am Tag nach dem historischen Erdrutschsieg Jörg Haiders in Kärnten gab es der Regierungschef schon billiger: Er werde „keinerlei Weisungen“ an die Genossen in Klagenfurt erteilen. Die Landesparteien seien autonom.

Auch Vizekanzler Wolfgang Schüssels (ÖVP) Diktum: „Aus der ÖVP-Riege wird ihn mit Sicherheit niemand zum Landeshauptmann wählen“, ist angesichts des schwachen Abschneidens seiner Partei überholt. Bereits am Donnerstag will eine ranghohe Delegation der ÖVP erste Gespräche mit der FPÖ führen. Die Haider-Verhinderungsfront bröckelt allenthalben.

Haiders FPÖ wird im neuen Landtag 16 von 36 Mandaten besetzen. Ohne die Stimmen der SPÖ (12 Mandate) oder der ÖVP (8 Mandate) ist die für die Wahl des Landeshauptmanns erforderliche Mehrheit nicht möglich. Taktische Manöver, wie der Auszug der Fraktion aus dem Landtag, mit dem die FPÖ vor fünf Jahren die Wahl von Cristof Zernatto sieben Wahlgänge lang verhinderte, sind nach einer Reform der Geschäftsordnung nicht mehr möglich. Ab dem dritten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit bei Anwesenheit von 50 Prozent der Abgeordneten. Wenn eine Fraktion auszieht und die andere gegen Haider stimmt, dann könnten die FPÖ- Abgeordneten allein die Wahl entscheiden.

Mit diesem Szenario wird in den Parteizentralen von SPÖ und ÖVP gespielt. Den eindeutigen Sieger zu blockieren, wäre eine politische Katastrophe. Haider darf zum Zug kommen, aber keiner will es gewesen sein. Dietfried Haller, der interimistische Landesparteiobmann der Sozialdemokraten, drückte sich in einem Interview mit dem ORF um jede eindeutige Aussage. Der zum linken Parteiflügel gehörende bisherige Wohnbaulandesrat will auf keinen Fall für Haiders Wahl verantwortlich sein. Da die Gemeinde Eisenkappel, wo er früher Bürgermeister war, zu den wenigen Wahlkreisen gehört, wo die SPÖ die absolute Mehrheit erzielte, kann er nicht einfach beiseite geschoben werden.

Anders als die ÖVP, die sich bereits auf die Oppositionsrolle festgelegt hat, will die SPÖ auf jeden Fall einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. Wen, das muß der Parteivorstand entscheiden.

Jörg Haider beobachtet den Eiertanz der Regierungsparteien mit amüsierter Gelassenheit. Er weiß, daß er in jedem Fall gewinnt: „Ich kann mir nichts anderes vorstellen. Alle anderen Varianten haben wir durchgespielt.“ Den Kärnten-Effekt gedenkt er bundespolitisch umzumünzen. Seine Leute werden beantragen, daß die für Herbst vorgesehene Nationalratswahl mit der Europa-Wahl vom 13. Juni zusammengelegt wird. Ralf Leonhard

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