: Die Gnade der Opposition
Betr.: „Streit um WASG-Spitzenkandidatin“, taz Bremen vom 2. August 2005
SPD-Landeschef Carsten Sieling und Grünen-Vorsitzender Dieter Mützelburg finden starke Worte über die WASG-Spitzenkandidatin Antonie Brinkmann: Sie sei „untragbar“, „unwählbar“, es sei „unglaublich“, dass sie einen Aufruf „Freiheit für Milosevic“ unterzeichnet habe. Die beiden Vorsitzenden sollten etwas kürzer treten angesichts der Tatsache, dass eine rot-grüne Bundesregierung Deutschland in den ersten Krieg der Nachkriegszeit führte. Alter Tradition entsprechend handelte es sich um einen Angriffskrieg, aber man hatte aus der Geschichte gelernt, nun stand man auf der überlegenen Seite. Dem Vernehmen nach hatte Joschka Fischer während der damaligen Koalitionsverhandlungen 15 Minuten Zeit, um sich zum geplanten Nato-Angriff auf Jugoslawien zu verhalten. Er wählte den Posten des Außenministers. In den Nürnberger Prozessen galt die Vorbereitung eines Angriffskriegs als Kriegsverbrechen. Die Nato und mit ihr Schröder und Fischer stimmten dem Angriff zu, deutsche Kampflugzeuge beteiligten sich an den Einsätzen. Da die serbische Armee im Kosovo gut getarnt stand, zerschlug die alliierte Luftwaffe die Infrastruktur, Brücken, Eisenbahnlinien, Fabrikanlagen, Rundfunkstationen. Der Nato-Sprecher erfand das Wort vom „Kollateralschaden“, wenn er über getötete Zivilpersonen sprach. Viele Grüne verließen damals ihre Partei, die ihrem Gründungsgrundsatz der Gewaltlosigkeit für das Linsengericht einer Regierungsbeteiligung untreu geworden war. Vom Prozess gegen Milosevic hört man wenig, offenbar tut sich die Anklage schwer mit der Beweisführung. Um der Ausgewogenheit willen sollte der Haager Gerichtshof auch Anklage gegen die damals führenden Politiker der am Angriff beteiligten Nato-Staaten erheben, die Beweislage wäre da eindeutig. Statt dessen führen zwei dieser Angriffskrieger die Wahllisten von SPD und Grünen an. Walter Ruffler, Bremen