: „Die Gesetze müssen bleiben“
■ Horst Eylmann, rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, will die Antiterrorgesetze von 1977 nicht abschaffen
taz: Kontaktsperregesetz, Trennscheibe, Gesetz zur Verfolgung terroristischer Vereinigungen, Kontrolle der Verteidigerpost oder Verbot der Mehrfachverteidigung – sind die im Deutschen Herbst 1977 verabschiedeten Gesetze zur Terrorismusbekämpfung heute noch notwendig?
Horst Eylmann: Die entscheidende Frage ist, ob wir ausschließen können, daß es in der Zukunft zur Bildung von terroristischen Vereinigungen in der Bundesrepublik kommt. Ich glaube das nicht, und deshalb sehe ich auch keinen Grund, das Gesetz zur Verfolgung terroristischer Vereinigungen aufzuheben.
Wie sieht es mit der Trennscheibenregelung oder dem Verbot der Mehrfachverteidigung aus?
Soweit es um die Einführung der Trennscheibe oder die Kontrolle der Verteidigerpost geht, wird Bezug auf die Strafvorschrift des Paragraphen 129a (Bildung einer terroristischen Vereinigung) genommen. Und wenn es zur Bildung terroristischer Vereinigungen kommen sollte, dann halte ich die seinerzeit beschlossenen Gesetze auch heute noch für gerechtfertigt. Was das Verbot der Mehrfachverteidigung angeht, so wird von denen, die jetzt dessen Aufhebung fordern, übersehen, daß diese Vorschrift in ihrem Kern Interessenkollisionen des Verteidigers ausschließen soll. Das ist ein sehr sinnvoller Zweck dieses Gesetzes.
Der Bundesjustizminister plädiert dafür, die damalige Gesetzgebung zu überprüfen. Er ist zum Beispiel der Meinung, daß sich das Kontaktsperregesetz erledigt hat.
Wenn es keine terroristische Vereinigung gibt, dann wird dieses Gesetz auch nicht angewendet. Deshalb sehe ich auch nicht, wen dieses Gesetz stören könnte. Sollte es wieder terroristische Vereinigungen geben, unter Umständen auch mit rechtsextremen Zielen, sind diese gesetzlichen Regelungen nach wie vor notwendig und sinnvoll. Warum sollten wir sie abschaffen, wenn wir sie dann im Fall des Falles wieder einführen müßten?
Eine Art Vorratshaltung also?
Alle Gesetze zielen in die Zukunft, insbesondere auch die Strafgesetze. Wenn die Straftaten, die sie verhindern sollen, aktuell nicht auftreten, kann man sich darüber freuen, sollte aber die Gesetze nicht aufheben.
Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und der Republikanische AnwältInnenverein sammeln zur Zeit Unterschriften mit dem Ziel, die sogenannten Antiterrorgesetze abzuschaffen. Diesen Aufruf werden Sie wohl kaum unterzeichnen.
Nein. Ich glaube nicht, daß es eine politische Mehrheit für die Aufhebung dieser Gesetze gibt. Ich halte es auch für zweifelhaft, ob die Opposition – jedenfalls die SPD – einem solchen Vorhaben ihre Unterstützung gibt. Interview: Wolfgang Gast
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