: Die Farbe der Rose
Am Morgen nach der Party: Ein Gespräch unter Alkoholeinfluss im kalten Auto
von rosen redet sie, ein schwuler hat sie ihr geschenkt, die blume ist hinüber wie der abend, es ist vier uhr früh, im auto ist es kalt.
sie redet von rosen, sie hat ihre tapeten rosa gestrichen aus versehen, sie hat zu viel weiß in die farbe getan, da entsteht rosa, sagt sie.
ich lege das lenkrad aus den händen, drehe am licht, warte, dass sie aussteigt oder anfängt. die wände sollten rot werden, sagt sie, hellrot, aber wenn du zu viel weiß hineinmischst, entsteht rosa, sagt sie, sie meidet meine augen, dreht den stiel der rose zwischen den fingern. ich wusste nicht, wie viel man nimmt, flüstert sie, es stand nicht drauf.
dann legt sie sich über mich und zeigt mir das fenster, wo sie wohnt zwischen rosa tapeten.
ich halte meine hände still.
beim tanzen war ihr schritt kantig und fest, jetzt fallen blätter von der rose, dieses schreckliche rosa, sagt sie, sie richtet sich umständlich wieder auf und streichelt die visitenkarte. sie vertauscht mich mit meiner telefonnummer, weil sie glaubt, ich kenne freud.
entschuldigung, sagt sie, ich habe wohl zu viel getrunken.
draußen fällt schnee unter eine laterne, wir haben uns erst gestern kennen gelernt, so früh am abend, und als sie später an die bar kam, war ihr gesicht sehr weiß.
jetzt führt immer einer die liegesitze vor, sagt sie und lacht. im film.
und pause.
na dann.
sie legt die finger an den türgriff. magst du die rose haben?, fragt sie. ich meine, für die heimfahrt. dann bist du nicht so ganz allein. ein schwuler hat sie ihr geschenkt. er hat sie verwechselt am auto beim einsteigen, er hat ihr einen antrag gemacht. jetzt liegt die rose in meinem schoß, neben dem zündschlüssel, wir frieren, und das standlicht ist an.
sie kann mich nicht einladen in ihre rosa wände, sie hätte es längst getan. sie wird nicht gehen, und sie wird nicht anfangen, es ist immer dasselbe. ich würde es nicht mögen, wenn sie anfängt. der sitz hat hebel wie in jedem film und klappt nach hinten.
sie küsst gut, denn sie ist erleichtert.
das auto riecht danach nach alkohol. und draußen gehen die laternen aus.
es lag an der anleitung auf der verpackung, sagt sie, es stand nicht drauf.
ANTJE RÁVIC STRUBEL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen