: Die Farbe Schwarz
Früher trug der Kaufmann Schwarz, Proletariat und Landbevölkerung trugen naturfarbene, graue, graubraune und gelbliche Stoffe. Es war ein Privileg der aristokratischen Klasse, auffallende Farben tragen zu dürfen. Dieses Privileg wurde immer wieder durch staatliche Kleiderordnungen bestätigt.
Die Vorstellung, einen Bürger äußerlich nicht mehr von einem Adligen unterscheiden zu können, war skandalös. Dies mußte um jeden Preis vermieden werden. Farben waren Standessymbole. Vornehmste Farben: Rot, gefolgt von Blau und Violett.
1525 etwa kämpften die deutschen Bauern vergebens darum, rote Schauben (eine Art Luxusjoppe) tragen zu dürfen: Rot stand allein Rittern zu.
Noch im 18. Jahrhundert schrieben Kleiderordnungen den Bürgern einfarbige Wollstoffe in gedämpften Farben vor. Das änderte sich erst nach der bürgerlichen Revolution. Im 19. Jahrhundert wurde Schwarz die Farbe der Romantik und der Dekadenz. Der Komponist Friedrich Liszt oder der Schriftsteller Charles Baudelaire ließen sich am liebsten in Schwarz malen oder fotografieren.
Geschäftsleute beeindruckte das nur wenig. Auch sie trugen weiter den schwarzen Anzug als Sinnbild von Seriosität. In den achtziger Jahren war Schwarz die Farbe des Protests gegen Konsum und Verschwendung.
Heute ist es umgekehrt: In den neunziger Jahren trägt die Oberschicht Schwarz. Denn Schwarz gilt inzwischen als reiche, barocke Farbe. Irene Zessler, Direktorin von Peclers Paris, einer Modeberatungsfirma, die zweimal jährlich einen Farbkatalog herausbringt, der für die Branche wegweisend ist, macht dafür mehrere Gründe geltend: Mit der technischen Entwicklung steigt der „Schimmerfaktor“.
Metallischer Glanz, irisierende oder dreidimensionale Spezialeffekte – alles kein Problem mehr. Zweitens ist das Ökobewußtsein größer geworden. Farben gelten als schädlich für die Umwelt. Und drittens, so Modeschöpfer Christian Lacroix, spiegelt Schwarz genau die „nachdenkliche Stimmung wider“, in der sich die Modebranche seit der Asienkrise befindet.
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