■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Die Drei von der Tankstelle
Donnerwetter, haben sich da die GewerkschafterIn- nen gedacht. Ort der Handlung: Das „Mahl der Arbeit“, die Gegendemo des DGB zum Schffermahl. Objekt der Verwunderung: Bürgerschaftspräsident Dr. Dieter Klink. Der hatte nämlich geredet, und zwar für Gewerkschaftsverhältnisse hochmodern, mit allen schönen Forderungen nach Umverteilung und Arbeitszeitreform und Ökologie. Wer hätte das gedacht vom SPD-Kanalarbeiter Klink? Donnerwetter!
Donnerwetter, das dachte sich auch die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert, die nach Klink reden sollte. Denn was Klink da ausführte, das kam Helga Ziegert ziemlich bekannt vor, und zwar aus ihrem eigenen Redemanuskript. Klink hatte sich nämlich die Redenbausteine des DGB zum 1. Mai besorgt und munter hintereinanderweg aufgesagt. Nur wußte Helga Ziegert nicht mehr so recht, was sie danach noch sagen sollte, und sie mußte, während Klink am Pult stand, wild in ihrem Manuskript fuhrwerken.
Redenprobleme ganz anderer Art hatten drei Herren von Radio Bremen neulich Nacht, genauer: Nach dem grausligen Wahlhearing des Weser Kurier, wo der gröhlende Bremer Mittelstandsmob das große Wort geführt hatte. Den Horror hatte so manche ZuhörerIn hernach in Bier ertränkt, so auch die Drei. Theo Schlüter vom Radio, Buten&Binnen-Chef Michael Geyer und Eike Besuden, auch vom Heimatfernsehen. Wenigstens ein netter Abschluß des Tages hätte es werden sollen, wenn nicht einer von den Dreien noch ein ziemliches Problem gehabt hätte. Schlüter nämlich sollte am nächsten Tag den schrecklichen Abend auf der Hansawelle kommentieren. Bloß wie?
Da hatten die Drei in der Tankstelle eine glänzende Idee: Man müßte doch sofort und spontan zum Sender fahren und ganz profimäßig und im Dialog die blödsinnige Wahlveranstaltung auseiandernehmen. Radio Bremen, frisch und frech, wie früher. Glänzende Augen bei den alten Hasen! Gesagt, getan. Sie fuhren hin, nicht mehr so ganz nüchtern, aber schließlich war es ja schon zwei Uhr, schlichen sich in ein Studio, und dann gings los. Die Herren Geyer und Schlüter plauderten drauflos, erst flotter, später bißchen schleppender (möglicherweise wegen des zunehmenden Zungengewichts), und Herr Besuden besorgte die Tontechnik. Wenn das die Gewerkschaft wüßte! Und als sie nach gut einer Stunde ausgeplaudert hatten, durfte Herr Besuden aus dem Band drei Minuten dreißig zusammenklauben. Die wurden dann am nächsten Tag tatsächlich gesendet, und waren flotter, als so mancher Hansawellenbericht.
Das fand die Hansawellenredaktion am nächsten Morgen aber gar nicht. Da werde das Gequatsche von betrunkenen Herren gesendet, unmöglich! Da mögen die RedakteurInnen sich noch so sehr aufregen, die Drei sollten öfter mal in die Tankstelle gehen und gute Ideen haben, findet Ihre Rosi Roland
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