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■ „Die Zeit zwischen Hund und Wolf“: Hildesheimer Kulturpädagogik-AbsolventInnen zeigen zur politischen Land- und Bundes-Bildung Dressurakte durch Gruppenzwang

Manchmal hinterlassen amüsante Theaterszenen einen faden Beigschmack. Nicht, weil etwa ein spezifischer Stoff unanangemessen bearbeitet worden wäre, sondern ganz allein wegen eines nicht angemessenen Rahmens. Das 1.Festival Politik im freien Theater ist ein solcher Rahmen.

Das Theater Mahagoni erlag den starren Regeln eines Festivals schon am ersten Abend, ohne überhaupt selbst den Vorgaben genüge tun zu wollen. Denn „politisch“ war Die Zeit zwischen Hund und Wolf nur bedingt. Das Stück der Kulturpädagogik-Absolventen der Uni Hildesheim war dann auch eher eine szenische Abfolge von verfremdeten Handke -Fragmenten. Dem Bremer Literaturpreisträger in der anschließenden Diskussion nun gleich zu unterstellen, er sei „out“, ist aber sicherlich zu weit gegriffen.

Neun rustikal bekleidete Personen sitzen nebeneinander an einem langen Tisch und stampfen rhythmisch mit den Füßen. Assoziationen mit marschierenden Soldaten stellen sich unweigerlich ein, ein Gefühl konservativer Muffigkeit beherrscht schon zu Beginn die Atmosphäre. Die lange Reihe der Akteure wirkt wie eine Mauer, die den Bühnenraum begrenzt. Jedes Ausscheren aus

dieser stampfenden Kette bedeutet somit gleichzeitig die Ausgrenzung aus der Einheit. Um dieses Thema ranken sich fortan auch die weiteren Szenen mit ihren collage-artig angelegten Texten. Das Individuum hat sich der Gruppe zu stellen, komme was wolle. Handkes Lieblingsthema der Ordnungen und deren Gegenteil wird zum bestimmenden Merkmal der Spielhandlungen.

Bekenntnisse über Bekenntnisse liefern die Bühnenfiguren sich selbst und damit, einer Rechtfertigung gleich, auch der Gruppe. „Ich habe das Leben mit dem Klischee verwechselt“ ist so eine Offenbarung, und der tief nationalistische Kontext macht erst die Dimensionen einer solchen Aussage klar. Die Spielräume sind eng und überwacht und nur besondere Fähigkeiten erlauben es dem Individuum, die Eigenständigkeit zu behaupten.

Die Mahagoni-Aufführung versuchte an diesen Eckpunkten mit Witz und Karikatur den ver

knöcherten Strukturen menschlichen Zusammenlebens beizukommen, und das gelang ihr durchaus unterhaltsam. Das Jonglieren mit der deutschen Sprache, machmal gar mit alpinen Kunst-Mundarten, sorgte für leichte Unsicherheiten im Publikum, war es sich doch oftmals nicht ganz sicher, ob es nun gerade Peter Handke im Original oder Texte des Ensembles vernahm. Der Österreicher wurde sogar choreographisch umgesezt, adequat in schweren Bergstiefeln selbstverständlich und nicht ohne pantomimische Clownerien.

Wer auf dem Wege ins Waller Theater durch die Anti-IWF -Demonstration mit den realpolitischen Auswüchsen von Ordnung und Unordung konfrontiert wurde, mag später im Bühnensaal „Die Zeit zwischen Hund und Wolf“ als schwachen Abklatsch empfunden haben. Doch um wieviel radikaler soll denn Theater sein als die Wirklichkeit?

Jürgen Francke

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