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Archiv-Artikel

Die Bundesprofiteure

Eine Umfrage watscht Senat wie Opposition ab. Allein die Grünen kommen besser weg. Das liegt vor allem am guten Image der Partei auf Bundesebene, sagen Forscher. CDU leidet weiter unter Steffel

von STEFAN ALBERTI

Sie arbeiten mit CDU und FDP zusammen. Sie landen gemeinsam den großen Coup, am Verfassungsgericht den Senat abzuwatschen. Sie laufen gerade seither oft mit den anderen beiden Fraktionen zusammen als „die Opposition“. Und doch werden die Grünen von Berlins Wählern in der jüngsten Umfrage deutlich anders wahrgenommen: klar besser. Denn während knapp drei von vier Berlinern mit Union und Liberalen fast genauso unzufrieden sind wie mit dem rot-roten Senat, ist es bei den Grünen nur etwa jeder Zweite. Fraktionschefin Sibyll Klotz führt das zumindest teilweise auf die Politik der Fraktion zurück. Experten aber verweisen schlicht auf den Bundestrend.

„Bundesweit haben die Grünen den Ruf, parteiübergreifend zu agieren und kreativ zu sein“, sagt Torsten Schneider-Haase, Projektleiter beim Bielfelder Meinungsforschungsinstitut Emnid. Sein Unternehmen hatte nach der Zufriedenheit mit Senat und Opposition gefragt. Diese bundesweite Einschätzung über die Grünen habe sicherlich zum vergleichsweise guten Abschneiden der Partei auch auf Landesebene beigetragen. Nach den Gründen der jeweiligen Zufriedenheit fragte Emnid nicht.

Gerade die CDU fährt derzeit zwar bei Wahlumfragen auf Bundesebene hohe Werte ein. Und auch im Land würden derzeit 32 Prozent der Wähler für die Union stimmen statt 25 wie bei der Abgeordnetenhauswahl 2001.

Dass mit der Berliner CDU derzeit aber fast drei Viertel unzufrieden sind, kommt für Emnid-Mann Schneider-Haase dennoch nicht überraschend. Auch hier könne ein Bundestrend durchschlagen, der lautet: Die Union bekommt ihre Prozente nicht durch eigenes Zutun, sondern um die Regierung abzustrafen.

Auch der Berliner Politologe und Meinungsforscher Richard Stöß von der Freien Universität (FU) macht den Bundestrend für das gute Abschneiden der Grünen verantwortlich. Die Landesgrünen als Nutznießer von Fischer, Künast und Co.

Klotz mag das gar nicht bestreiten: „Zum Teil vermissen die Leute auch Bundes- und Landesebene miteinander. Davon profitieren wir in Berlin auch.“ Für die Fraktionschefin der Grünen bestätigen die Emnid-Ergebnisse eine Forsa-Umfrage vom Sommer, die ihre Fraktion selbst in Auftrag gegeben hatte. Darin kam die Arbeit der Grünen-Parlamentarier am besten weg, knapp vor der SPD-Fraktion und deutlich vor den Fraktionen von CDU, FDP und PDS. Die Union hat sich nach Einschätzung von FU-Dozent Stöss in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht ganz von ihrer Vergangenheit befreien können. „Da wirkt Steffel nach“, sagt Stöss. Der war im April als Fraktionschef zurückgetreten, nachdem die Kritik in seiner Partei stetig wuchs. Seit seiner missglückten Spitzenkandidatur bei der Abgeordnetenhauswahl 2001 war Steffel nicht aus dem Stimmungstief geraten und konstant Letzter im Beliebtheitstest der Berliner Spitzenpolitiker.

Bei der FDP sieht Fraktionschef Martin Lindner die besseren Grünen-Werte mit Lagerverhalten begründet. Von SPD und PDS enttäuschte linke Wähler würden sich eher als zufrieden mit den Grünen äußern als mit CDU oder FDP. Lindner zeigte sich skeptisch, dass sich bei einer Umfrage kontinuierliche und intensive parlamentarische Arbeit auszahlen. „Ich glaube, dass nur ein Bruchteil der Bürger überhaupt wahrnimmt, was die Opposition macht, außer in Wahlzeiten vielleicht.“ Sein Fazit: „Nach zwei Jahren im Parlament bin ich relativ ernüchtert von den Möglichkeiten, politische Inhalte zu transportieren.“