piwik no script img

Die Bundesbahnengolfgemeinde

■ Die nördliche Bundesliga der Minigolferinnen kämpfte in Bremen

Den Strohhut tief in die verschwitzte Stirn gezogen, den Blick konzentriert zum Ziel gerichtet, alle Muskeln angespannt: Dann holt sie überraschend sanft zum Schlag aus und trifft ebenso sachte das Zielloch mit dem ersten Versuch. „Ja!“ schreit sie und atmet einmal tief durch. Eine verblüffende Ernsthaftigkeit und Anstrengung für ein Spiel, das unsereins vielleicht mal an einem langweiligen Nachmittag oder im Urlaub spielt. An diesem Sonntagnachmittag bleibt die bremische Minigolfanlage in der Vahr jedoch für „normale“ Besucher geschlossen, denn heute tummeln sich die Frauen der Bundesliga auf dem Platz.

Die acht Frauschaften u.a. aus Göttingen, Hannover, Berlin und Herdenberg treten an diesem Nachmittag zum letzten entscheidenden Punktespiel an. Zwei Stunden vor Beginn des eigentlichen Spieles sind die Spielerinnen schon am Schwitzen. Die Anlage muß erst „antrainiert“ werden. Die Bahnen, neu gebaut und bisher noch nicht in Wettkampfspielen bespielt, verlangen noch enorme Konzentration und lassen trotzdem, weil sie ungewohnt sind, die meisten etwas schlechter abschneiden.

Die meisten Bundesligaspielerinnen sind es gewohnt, alle Löcher des Parcours mit dem ersten Schlag zu treffen. Statt mit 18 bis zwanzig Punkten wie sonst kommen sie aber heute mit gut und gerne 25 Punkten aus der letzten Bahn; erschöpft, verschwitzt und zum Teil wenig begeistert von ihrer Leistung.

Für den Minigolf — im Fachjargon Bahnengolf — sind diese Damen ausgerüstet wie Leistungssportlerinnen. Ein Täschchen mit bis zu 50 verschiedenen Bällen gehört dazu: für jede Bahn den richtigen. Der Ball ist mal etwas härter oder weicher, an der Oberfläche rauher oder völlig glatt, schwerer oder leichter; da kann einer auch die schlechteste Anlage nichts anhaben.

Und wenn die vielen verschiedenen Bälle nicht helfen, dann muß auch das Maskottchen noch ran. Bunte Plüschtiere sitzen auf dem Rasen herum und gucken aus nahezu jeder Tasche.

Die Anspannung ist groß, obwohl dieses Spiel das letzte von acht Punktespielen. Aber die endgültige Position kann sich für manchen Verein noch ändern, und so bleibt offen, wer unter den ersten drei der norddeutschen Bundesliga landet. Mit den ersten drei der süddeutschen Bundesliga wird dann um den deutschen Meistertitel gekämpft.

Die Frauen vom Bremer Verein rangieren vor dieser entscheidenden Runde auf dem fünften Tabellenplatz und rechnen sich nicht mehr die wahren Chancen aus. An der Tabellenspitze rangiert die Frauschaft aus Herdenberg-Pötter. Aber die Göttinger Spielerinnen kamen mit kühnen Plänen: Sie wollten möglichst mit beiden aufgestellten Frauschaften unter die ersten drei.

Manch eine Spielerin kann eine regelrechte Minigolfkarriere vorweisen: mehrfache Bezirks-, Landes- und deutsche Meisterschaften. Außerdem umspannen sie ein faszinierendes Spektrum an Lebensjahren und Gewicht. Jung und Alt und Dick und Dünn kämpfen mit der gleichen Begeisterung. Viel mehr als bei anderen Sportarten wirkt dieser Wettkampf wie ein FreundInnen-und Familientreffen.

Die wenigen Zuschauer, die sich eingefunden haben, sind häufig MinigolferInnen a.D., die bei der Gelegenheit mit Wohlgefallen den Nachwuchs beobachten. Die meisten jüngeren Frauen schlagen den Ball, weil Mutter und Vater auch schon gegolft haben. Männer, Partner und Freunde finden sich häufig in der Herrenmannschaft des gleichen Vereins.

Gewonnen haben am Ende übrigens mit Abstand die Frauen aus Herdenberg-Pötter, gefolgt von den beiden Teams aus Göttingen. Die bremische Frauschaft landete auf Rang fünf und kann sich damit das Rennen um die Deutsche Meisterschaft im Juli ersparen. Veronika Meduna

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen