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Die Besatzungstruppen schrumpfen weiter

■ Britische Rheinarmee soll bis 1995 halbiert werden, die USA wollen auf längere Sicht nur 70.000 GIs stationieren

Von Andreas Zumach

Genf (taz) - Die in den USA und Großbritannien seit geraumer Zeit angestellten Überlegungen zur Reduzierung ihrer Truppen in der BRD sind jetzte in eine konkrete Phase getreten. Ein am Mittwoch vorgestellter Bericht des britischen Verteidigungsministers Tom King sieht die Halbierung der britischen Rheinarmee bis 1995 unter bestimmten Bedingungen vor. Erwägungen prominenter Sicherheitspolitiker in Washington, die Zahl der GIs in der BRD auf bis zu 70.000 zu reduzieren, über die die taz bereits Mitte letzten Jahres berichtete, sind nach Angaben von in der US-Hauptstadt weilenden SPD-Politikern inzwischen offizieller Planungsstand der Militärs.

Die Halbierung der Rheinarmee von jetzt knapp 70.000 auf 35.000 Soldaten ist ein Vorschlag in einem „Optionen für Veränderungen“ betitelten Zwischenbericht zur fünfmonatigen Überprüfung der britischen Militäranstrengungen. Danach würden zwei der vier Divisionen aus der BRD abgezogen. Ziel der „Umstrukturierungen“, so King, seien „mobilere, besser ausgerüstete und ausgebildete sowie innerhalb und wenn notwendig außerhalb der Nato flexibler einsetzbare“ Streitkräfte. King machte Truppenverringerungen jedoch abhängig von Datum und Umsetzung eines Wiener Vertrages über konventionelle Stabilität in Eurpa (VKSE), vom Tempo des sowjetischen Truppenabzuges aus Osteuropa sowie von weiteren Erörterungen in der Nato. Atomar bewaffnete britische Tornado-Flugzeuge sollen in der BRD stationiert bleiben.

Auf konkrete Zahlen über etwaige Einsparungen des Militärhaushaltes geht der Bericht nicht ein. Es sei möglich, so King bei der Vorstellung des Berichtes, daß die sogenannte „Friedensdividende“ zunächst völlig von Mehrausgaben für die Umstrukturierung und „Modernisierung“ der Streitkräfte aufgezehrt werde.

In Washington teilten die SPD-Sicherheitspolitiker Erwin Horn und Florian Gerster nach Gesprächen mit US-Kollegen mit, die USA planten „auf längere Sicht“ eine Größenordnung ihrer Streitkräfte in der BRD von 50.000 Heeres- und 20.000 Luftwaffensoldaten (derzeit insgesamt 255.000). Die Zahl von 70.000 hatten bereits seit Mitte letzten Jahres der Vorsitzende im Streitkräfteausschuß des US-Senats, der Demokrat Sam Nunn, und andere Kongreßpolitiker in die Diskussion gebracht. Doch im Februar vereinbarten Moskau und Washington 195.000 Soldaten als Größenordnung für ihre in Zentraleuropa stationierten Truppen. In Washington wird seitdem darüber diskutiert, ob diese Zahl lediglich als Obergrenze oder auch als notwendiges Minimum zu verstehen sei. Gerster erwartet, daß in Washington erste Entscheidungen über US-Truppenabzüge bereits im Herbst dieses Jahres fallen.

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