American Pie: Die Baseball-Söldner
■ Florida Marlins, ein ungeliebter Champion
In a coat he borrowed from James Dean
„Ein großer Tag für Florida“, jubelte Gouverneur Lawton Chiles. Ein großer Tag für Miami allemal. Gestern feierte die Stadt ihre Baseball-Champions mit einem siebenstündigen Triumphzug durch Downtown, Bayfront Park, Little Havana und Fort Lauderdale zum Pro Player Stadium, wo die Florida Marlins am Sonntag mit dem 3:2-Sieg gegen die Cleveland Indians ihren Sieg in der World Series perfekt machten. Der Enthusiasmus ist verständlich, schließlich holte mit dem Football-Team der Miami Dolphins zum letztenmal vor 24 Jahren ein Profiteam eine Meisterschaft in die Stadt.
Außerhalb Miamis hält sich die Begeisterung indes in Grenzen, selbst im übrigen Teil des Staates. „Ich denke immer noch, daß sie ein Team aus Südflorida sind“, sagt Rick Eckard aus dem nördlichen Tallahassee, wo nach wie vor die Fans der Atlanta Braves in der Überzahl sind. In den restlichen USA gelten die Emporkömmlinge des erst fünf Jahre alten Teams sowieso als reine Söldnertruppe. Ein ungeliebter Champion ohne Tradition, der sich den Erfolg schnöde erkauft hat. 175 Millionen Dollar hat Besitzer Wayne Huizenga zu Saisonbeginn für neue Spieler investiert und sich die Dienste der besten Free agents gesichert. Logisch, daß bei diesem Aufwand ein Verlust von rund 34 Millionen Dollar zustande kam.
Durch den sportlichen Erfolg fühlt sich Huizenga jedoch bestätigt und will nun Gegenleistungen von seiten der Stadt sehen. Er werde das Team verkaufen, drohte er, und die Gehaltssumme der Marlins würde unter 20 Millionen Dollar fallen, was den totalen Ausverkauf der Stars bedeuten würde – wenn ihm die Steuerzahler nicht ein neues Stadion errichten.
Bislang spielen die Marlins in der Arena der Dolphins, die für Football konstruiert und nicht überdacht ist. Huizenga will wegen der zuschauerschreckenden Sommerregen in Florida ein Stadion mit beweglichem Dach. Nur so könne sich eine derart teure Baseball-Mannschaft rentieren. Auf 350 Millionen Dollar werden die Baukosten für das Schmuckstück geschätzt, Miamis Bürgermeister Joe Carollo ist aber gar nicht abgeneigt, Huizengas Wunsch zu erfüllen. Im November sind Bürgermeisterwahlen, und wer es derzeit in Miami mit den Marlins hält, kann eigentlich nur gewinnen. Matti Lieske
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