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Die Auktion fand doch noch statt

■ Nach der Räumung des Auktionssaals kamen die ersten Ostberliner Häuser unter den Hammer

Mitte. Nachdem es Dienstag abend nach erheblichen Protesten gegen die erstmalige Versteigerung von Ostberliner Mietshäusern noch unklar war, ob die Auktion überhaupt stattfindet, konnte die Veranstaltung gegen 20 Uhr schließlich doch noch beginnen. In dem nun von »Ruhestörern« geräumten Saal im Palais des Kulturbundes in der Otto-Nuschke- Straße standen insgesamt 14 in Privatbesitz befindliche Grundstücke zum Verkauf — darunter mehrere aus Ost-Berlin sowie ein Mehrfamilienhaus in Weimar. Das Gebäude Kollwitzstraße 52, das in den letzten Tagen mehrmals in die Schlagzeilen geraten war, weil die Mieter des Hauses erst kurzfristig unter für sie undurchsichtigen Umständen von dem Verkauf erfahren hatten, ging für 1.050.000 DM an die Maler Klaus Schmidt und Christoph Radtke.

Das Mindestgebot für das gut erhaltene fünfstöckige Gebäude im Bezirk Prenzlauer Berg lag bei 495.000 DM. Die beiden Ersteigerer zahlten die ersten 100.000 DM sofort an, der Rest wird zum 31. März 1991 fällig. Die beiden Künstler haben vor, sich den Dachboden auszubauen und ihn selbst zu nutzen. Auch boten sie den erleichterten Mietern des Hauses an, sie auf genossenschaftlicher Basis am Hausbesitz zu beteiligen. Das bedeutet jedoch auch, daß die Mieter Kollwitzstraße 52 einen gewissen finanziellen Anteil selbst tragen müssen. Doch sie scheinen optimistisch zu sein. Schmidt zur taz: »Wenn der Ausbau beendet ist, steigt eine große Fete.«

Weniger gut hingegen trafen es die Bewohner dreier Mietshäuser in Pankow. Der in West-Berlin lebende türkische Geschäftsmann Mecnun Arslan ersteigerte die Immobilien zu Preisen zwischen 610.000 DM und 830.000 DM, um »eine günstige Kapitalanlage« zu haben. Eine solche von vielen als »Spekulantentum bezeichnete Haltung hatte im Vorfeld Mieter der von der Versteigerung betroffenen Häuser im Auktionssaal zu lauten Unmutsäußerungen veranlaßt. Daraufhin ließ Auktionator Plettner, der an jedem Verkauf über sechs Prozent des Versteigerungswertes an Verdienst einstreichen kann, den Saal räumen.

Zu den in diesem Zusammenhang erfolgten Übergriffen der Polizei auf Protestierende, teilte die Innenverwaltung gestern der taz mit, daß der Polizeipräsident von Berlin, Georg Schertz, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. ok

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