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Die Anderen: Luxemburger Wort/Le Monde/Les Echos/Guardian/Financial Times

Luxemburger Wort

Die Luxemburger Tageszeitung befaßt sich mit der Haltung der DDR zu Ungarn in der Flüchtlingsfrage.

Wenn die DDR die Haltung Ungarns als vertragsbrüchig bezeichnet, dann prallt dieser Vorwurf am UNO-Pakt von 1966 (1976) ab und trifft nur die DDR selbst, die sich de facto gegen einen Vertrag sträubt, den sie selbst mitunterzeichnet hat. Ungarn fällt also nicht einmal das 'Verdienst‘ zu, ein ohnehin zweifelhaftes Abkommen mit der DDR gebrochen zu haben, als es die DDR-Bürger frei ausreisen ließ. Es hat sich nur an den vorrangigen UNO-Vertrag gehalten, der 1976 in Kraft trat. Nur? In der Realität hat die Regierung in Budapest viel mehr getan, was weltweite Anerkennung verdient. Wer bedenkt, wie sich Ungarn trotz schlechter Erfahrungen (1956) nun im Ostblock isoliert und den Groll der Bruderstaaten provoziert, und wer weiß, was internationale Verträge über Menschen- und Völkerrechte in den kommunistischen Staaten wert sind, der muß das, was sich zur Zeit dank der großzügigen Haltung der ungarischen Regierung in Mitteleuropa abspielt, als eines der bedeutendsten Ereignisse dieses Jahrzehnts werten.

Le Monde

Die Pariser Tageszeitung meint zur Haltung Moskaus gegenüber der DDR:

Während sie öffentlich gegen die Bundesrepublik die Stimme erheben, wünschen die sowjetischen Führungskreise, daß Ostdeutschland möglichst schnell einen politischen Demokratisierungsprozeß einleiten kann, der ihnen ebenso unvermeidbar wie unentbehrlich für den Erhalt der europäischen Stabilität erscheint.

Über die offiziellen Solidaritätserklärungen mit der ostdeutschen Führung hinaus, meint man heute in Moskau in der Tat, daß die 'Anziehungskraft‘ zwischen den beiden Deutschlands eine 'unumgehbare Realität‘ ist und daß mangels einer Liberalisierung der DDR die Gefahr besteht, daß eine unkontrollierte Welle des deutschen Nationalismus Europa erschüttern könnte.

Les Echos

Zum selben Thema schreibt die Pariser Wirtschaftszeitung:

In der Tat, die Bitterkeit Michail Gorbatschows und seiner Freunde gegenüber Erich Honecker und der ostdeutschen Führung muß groß sein. Wenn diese entschieden hätten, dem vorgezeichneten Weg des sowjetischen Staatschefs zu folgen, dann wären die Ostdeutschen vielleicht weniger versucht, in Massen aus ihrem Land zu fliehen. Aber die Aussichten in der DDR sind von einem Teil der ostdeutschen Elite derart negativ eingeschätzt worden, daß sie sich entschieden haben, in die Bundesrepublik zu gehen, und damit haben sie die Aktualität der deutschen Frage wieder abrupt ins Rampenlicht gerückt.

Von ihren 25 Millionen Toten während des Zweiten Weltkrieges schrecklich gezeichnet, sind die Sowjets außerstande etwas anderes als den Status quo ins Auge zu fassen. Die neuen Widersprüche im sozialistischen Lager sind vielleicht die schärfsten seit Beginn der Ära Gorbatschow. Und niemand ist in der Lage zu sagen, wohin sie ein ebenso unvorhersehbares wie geschwächtes sowjetisches Imperium führen können.

Guardian

Der liberale britische 'Guardian‘ befaßte sich nach der Ermordung des führenden Swapo-Mitglieds Anton Lubowski mit Fragen der Sicherheit in Namibia:

Der UN-Sicherheitsrat hat die Wirksamkeit seiner eigenen Überwachungsfunktion selbst schon dadurch geschwächt, daß er im Voraus die Zahl der UN-Soldaten dort um mehr als ein Drittel gekürzt hat.

Wenn der Frieden erhalten bleiben soll und die Wahlen frei und fair sein sollen, braucht Namibia die dringende Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft. Es braucht besonders die Aufmerksamkeit der Regierungen, einschließlich Großbritannien, die für die Präsenz der UNO, auf der der Frieden ja beruht, verantwortlich sind.

Financial Times

Zum selben Thema schrieb das Wirtschaftsblatt 'Financial Times‘:

Die Forderung nach einer Verstärkung der UN-Truppen hat durch die Ermordung von Lubowski vielleicht Auftrieb erhalten. Das sollte jedoch eigentlich unnötig sein.

Was Namibia braucht, ist eine effektivere Verteilung der Beobachter, die dort, wo es nötig ist, durch die Präsenz westlicher Diplomaten unterstützt werden sollten. Der Schutz für (den am Donnerstag nach Namibia aus dem Exil zurückkehrenden Swapo-Präsidenten Sam) Nujoma und andere mögliche Zielfiguren für Attentäter sollte ebenfalls verbessert werden, wenn nötig mit Hilfe der Länder, die die Soldaten für die UNO-Truppen stellen.

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