: „Die Ambulanz muß stehen“
Was Voscherau zum Hafenkrankenhaus, zu der „gefährlichen Gegnerin“ Krista Sager, zur Stadtbahn und zum Wähler zu sagen hat ■ Von Silke Mertins
Bei wie vielen Unterschriften wird Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) die Schließung des Hafenkrankenhauses kippen? Eine halbe Million HamburgerInnen müßten die Volkspetition unterstützen, spekuliert man im Rathaus, dann könne Voscherau im Wahljahr gar nicht anders. Wie unzufrieden er mit dem Aus für die Klinik ist, machte er gestern beim traditionellen „Zwischen-den-Jahren-Gespräch“ mit MedienvertreterInnen im Gästehaus des Senats deutlich.
Es habe „eine sehr kritische Diskussion im Senat“ gegeben, gestand er zwischen zwei Löffeln Hühnersuppe. Aber die Sparzwänge ließen, so habe er erklärt bekommen, keine Alternativen zu. Nicht glücklich ist er offenbar mit dem Krisenmanagement der ohnehin ungeliebten Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD). Die „Kommunikation“ mit den Beteiligten, so Voscherau vorsichtig, hätte besser sein können. Seine Bedingung für die Schließung, wie auch die der SPD, sei klar: „Die Ambulanz muß stehen.“
Wieviel Prozent das Totsparen der Traditionsklinik die SPD bei den Wahlen kosten wird, ließ der Landeschef offen. Er hat schließlich auch noch andere Sorgen. Seine Partei zum Beispiel. Die grüne Spitzenkandidatin Krista Sager zum Beispiel. Das Wohl des Gemeinwesens zum Beispiel. Denn so schön wie jetzt mit der Statt Partei wird es nie wieder werden. Dieses Regierungsbündnis war „reibungsloser als wenn wir lauter Sozis dringehabt hätten“, trauert Voscherau.
Jetzt kommt, oh weh, möglicherweise Rotgrün oder eine große Koalition auf ihn zu. CDU-Hoffnungs- träger Ole von Beust sei ganz nett, „den habe ich schon als Teenie gekannt“. Krista Sager sei hingegen eine „gefährliche Spitzenkandidatin“, die „glanzvoll, schnell und eine brillante Verkörperung grüner Strategien und Inhalte“ sei. Rotgrün sei zudem wahrscheinlicher als 1993, denn große Projekte – Elbvertiefung, vierte Elbtunnelröhre, Altenwerder – seien inzwischen „irreversibel“. Dafür „müßten die Grünen sich eigentlich bedanken“.
Für das zentrale Wahlkampfthema der GAL, die Stadtbahn zum Flughafen, kann sich Voscherau nur theoretisch begeistern. Denn die Umsetzung dauert ihm zu lange. Das Projekt S-Bahn sei anders als die Straßenbahn „fix und fertig“ und dürfe „nicht auf den Müll geschmissen“ werden. Die Stadtbahn in Teilabschnitten zu realisieren, sei denkbar.
Voscherau würde eine Koalition mit der GAL zur Not „bis zur Glaubwürdigkeitskrise versuchen“, wenn er „eine neue Konstellation vom Wähler aufgedrückt“ bekommt. Im Klartext: Beugen sich die Grünen seinen politischen Prämissen, nimmt Voscherau sie gerne. Sofern er überhaupt Bürgermeister bleibt. „Wenn die Wähler mich empfindlich schwächen“, würde er lieber abtreten als gegen seine Überzeugungen Politik zu machen. Oder nach Bonn gehen? „Ich bin doch nur ein kleiner Provinzbürgermeister“, kokettiert Voscherau, dessen bundespolitische Ambitionen kein Geheimnis sind. „Aber man soll niemals nie sagen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen