: Die Abspaltung einer Abspaltung
Über die sunnitische Splittergruppe Fatah al-Islam im Libanon gibt es nur wenige verlässliche Informationen
BEIRUT taz ■ Wer Informationen über die Gruppe Fatah al-Islam sucht, der muss in trüben Gewässern aus Geheimdiensten und Al-Qaida-Verbindungen fischen. Der sunnitischen Organisation werden mehrere Anschläge im Libanon zur Last gelegt. Einerseits wird Fatah al-Islam als eine al-Qaida-nahe Organisation beschrieben, andererseits soll sie eine Marionette des syrischen Geheimdienstes sein.
Bei Fatah al-Islam handelt es sich um eine Splittergruppe von einer Splittergruppe, die sich von einer Abspaltung der Palästinenserorganisation Fatah namens Fatah al-Intifada erneut gespalten hat. Die anderen palästinensischen Gruppierungen im Libanon distanzierten sich von Fatah al-Islam. Ihre Basis soll sie in den Palästinenserlagern Nahr al-Bared und in Burj al-Barajne haben. Schätzungen zufolge hat sie zwischen 50 und 250 Kämpfer.
Chef der Truppe soll Schaker al-Absi alias Abu Hussein sein. Libanons Polizeichef Aschraf Rifi bezeichntet die Gruppe als eine „Al-Qaida-Imitation, made in Syria“. Das Regime in Damaskus benutze sie, um im Libanon Chaos zu stiften. Es sollen auch Verbindungen zur irakischen Guerilla in der sunnitischen Anbar-Provinz bestehen. Syrien streitet jegliche Verbindung ab. Innenminister Bassam Abdel Medschid charakterisiert die Gruppe als eine al-Qaida nahe stehende Organisation, die dem syrischen Geheimdienst erstmals im August 2002 aufgefallen sei, angeblich mit dem Plan, Operationen in Syrien durchzuführen. Al-Absi, ein Jordanier palästinensischen Ursprungs, war sogar einmal in Damaskus verhaftet worden, wegen seiner Rolle als Vertrauter des inzwischen getöteten Al-Qaida-Chefs im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi. Jordanien hatte damals seine Auslieferung gefordert. Dies stand im Zusammenhang mit dem Mord an dem US-Diplomaten Laurence Foley in Amman im Oktober 2002, für die al-Absi von einem jordanischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. Die Syrer weigerten sich, dem Gesuch nachzukommen, und setzten al-Absi 2005 wieder auf freien Fuß.
Abu Salem, einer der Anführer der Gruppe, erklärte gegenüber dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira, dass die Armee den Konflikt begonnen habe und dass die Gruppierung lediglich als „Sündenbock“ für allerlei Operationen im Libanon herhalten müsse. „Wir kämpfen gegen die Feinde Gottes und nicht gegen unsere eigenen Leute“, sagte er per Telefon aus dem Lager unter Beschuss. KARIM EL-GAWHARY
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