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Dicke Luft im „Green Dome“

■ Alexander Kiritschenko (UdSSR) ist der erste Titelträger bei den Radweltmeisterschaften in Japan

Maebashi (adn/taz) - Viel Mühe haben sich die japanischen Organisatoren der Radweltmeisterschaften gegeben, die vom 20.August bis zum 2.September in Maebashi (Bahn) und Utsonomiya (Straße) stattfinden. Die Trainingsbedingungen auf den Straßen vom 100 Kilometer nordwestlich von Tokio gelegenen Maebashi sind zwar nicht die besten - wegen des ständigen dichten Verkehrs müssen die Fahrer auf Wege zwischen den Reisfeldern ausweichen - aber dafür wurde extra für die WM eine funkelnagelneue Riesenhalle mit einer schnellen 333-Meter-Bahn und Platz für 20.000 Zuschauer aus dem Boden gestampft. Nicht ganz optimal scheint jedoch die Klimaanlage der Arena zu funktionieren. An den ersten beiden Tagen, als der „Green Dome“ jeweils zu zwei Dritteln gefüllt war, herrschte ziemlich dicke und schwüle Luft.

Grund zum Jubel hatten die japanischen Zuschauer vorerst kaum. Ihre Hoffnungen richten sich allerdings auch in erster Linie auf die Keirin-Wettbewerbe, die morgen beginnen. Bei den Keirin-Sprintern beispielsweise gewannen die japanischen Profis in den letzten zehn Jahren sämtliche WM-Titel. Für Begeisterung sorgte im normalen Sprint der Profis lediglich Hideyuki Matsui, der das Halbfinale erreichte, wo er heute gegen Michael Hübner aus der DDR antreten muß.

Hübner hatte bereits in der Qualifikation über 200 Meter mit fliegendem Start in 10,345 Sekunden einen neuen Weltrekord aufgestellt und dann im Viertelfinale den WM -Zweiten des Vorjahres, Yuichiro Kamiyama aus Japan, bezwungen. Viel schneller fuhren allerdings die Amateure, bei denen Titelverteidiger Bill Huck aus der DDR mit 10,153 Sekunden den besten Eindruck hinterließ und ohne Mühe das Achtelfinale erreichte. Bestzeit fuhr auch Annett Neumann aus Cottbus, die ungefährdet in die Runde der letzten sechzehn einzog. Neben den DDR-Sprintern Jens Fiedler und Michael Schulze qualifizierten sich über die Hoffnungsläufe auch Sinett Wolke (Cottbus), Gaby Dorausch (West-Berlin) und Uwe Buchtmann (Herford) für das Achtelfinale.

Erster Goldmedaillengewinner der Titelkämpfe war Olympiasieger Alexander Kiritschenko aus der UdSSR, der das 1.000-m-Zeitfahren gewann. In 1:03,565 Minuten verwies der Hallenweltrekordler den australischen WM-Zweiten des Vorjahres und Weltmeister von 1987, Martin Vinnicombe sowie den unglücklichen Titelverteidiger Jens Glücklich (DDR) auf die nächsten Plätze. Im letzten Jahr war Kiritschenko der Pechvogel der WM von Lyon gewesen, als ihn ein Lenkerbruch kurz vor dem Ziel um den Sieg brachte.

In der 4.000-m-Einzelverfolgung konnte der mit großen Titelhoffnungen nach Japan gereiste Leipziger Jens Lehmann nicht in den Medaillenkampf eingreifen. Nachdem der 22jährige Vizeweltmeister in der Qualifikation gerade noch als Achtschnellster in das Viertelfinale gerutscht war, unterlag er dort dem US-Amerikaner Mike McCarthy. Im Halbfinale kommt es nun zum „Länderkampf“ zwischen den sowjetischen und den US-Akteuren. Dabei ist auch noch der 84er Olympiasieger Steve Hegg, der wie sein Mannschaftskamerad McCarthy jenen Triathlon-Lenker benutzt, mit dem Greg LeMond bei der letztjährigen Tour de France für Furore sorgte. Hegg war vor vier Jahren nach einem fünften WM-Platz in der Versenkung verschwunden, ehe er vor wenigen Wochen mit einem Sieg bei den Goodwill Games in Seattle ein erfolgreiches Comeback feierte.

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