: Diana in der Chappi-Schule
■ Pfui? NEIN! Sitz! Braaav! Hundepapst Ochsenbein korrigiert Bremer Problemhunde
Urs Ochsenbein ist in der Stadt! Der weltberühmte Hundepapst aus Zürich gastiert für drei Tage mit der „Chappi Hundeschule“ im Bremer Tierheim. Wer das verpaßt, ist selber schuld.
Waldi verschwindet auf Nim-merwiedersehen, wenn man ihn von der Leine läßt? Hasso schnappt nach Kindern? Leila fällt Jogger an? Zu viel läuft verkehrt zwischen Mensch und Hund. „Rottweiler zerfetzt Spaziergängerin“ – das kommt dabei raus. Und doch geht es letztlich wie in jeder schlechten Beziehung eigentlich nur um eins: um ein Mißverständnis.
Urs Ochsenbein, Oberstleutnant der Gebirgsartillerie, Ausbilder in den Bereichen Sporthundewesen, Rettungshundewesen, Blindenführhundewesen, Militärhundewesen und Katastrophenhundewesen, Ratgeberherausgeber und Leiter des Züricher Hundezentrums (ZHZ), ist 72, was man ihm gar nicht ansieht. Das Arbeiten im Hundewesen hält jung! Urs Ochsenbein ist die international angesehene Autorität schlechthin in Sachen ganz ganz schwierige Hunde. Wenn zum Beispiel die Fachleute im Bremer Tierheim einmal bei einem besonders gestörten Hund nicht mehr weiterwissen, schicken sie das Tier in die Schweiz, zu Herrn Ochsenbein. Der hat 6.000 Problemhunde kuriert, 500 Gutachten geschrieben und ist in 18 Jahren nur sieben mal gebissen worden. Einmal allerdings regelrecht zerfleischt (47 Bisse). Von den beiden Hunden, die er als einzige als „psychisch gestört“ bezeichnen würde. Alle anderen waren falsch behandelt worden und korrigierbar. Eigentlich ist Urs Ochsenbein ein Therapeut für Herrchen und Frauchen.
Zum Beispiel „pfui!!!“ Urs Ochsenbein: „Das brauche ich nicht, das empfehle ich nicht, beachten Sie die Haltung, die dahinter steht! Befehl! Strafe!“ Er dagegen erklärt, während er einen problematischen schwarzen Terrier hinter sich herzieht, sein Verhältnis zum Hund als „kommunikativ“. Man beobachte die Hündin mit ihren ungestümen Welpen! Kurze, unaufgeregte, aber unmißverständliche Gesten und Laute – und Ruhe herrscht im Karton. „Sitz! Brav! NEIN! Bleib!“ - das reicht. Ein kurzes Lob (kein Schmusen!!!), ein knappes Handzeichen – der Hund lernt diese Sprache schnell. Was der Hund aber nie lernt: Was Herumschreien und Stampfen und Fuchteln bedeuten.
Wo er geht und steht, vollbringt Urs Ochsenbein Wunder. Da ist Diana. Eine schmuddelbraune Hündin, die gewisse Leute als „Köter“ bezeichnen würden. Sie gilt als scheu, wirkt bedrückt und unfrei, Urs Ochsenbein will an ihr mögliche Erziehungsprobleme demonstrieren. Doch was tut sie? Lammfromm macht Diana SITZ, folgt dem Befehl BLEIB und geht an der Seite des Meisters, daß es eine Wonne ist. Und nur, weil dieser am Morgen schon mal fünf Minuten „mit dem Hund gearbeitet hat“, wie man sagt. Man hat sogar das Gefühl, daß es dem Hund Spaß macht, sich lammgleich zu verhalten. Das macht alles die einfache und sachliche (Zeichen-)Sprache, die in der Chappi Hundeschule herrscht. (Chappi ist der Sponsor der Ochsenbeinschen Hundeseminare.) Da viele Hundehalter, vielleicht sogar die meisten, gar nicht so entspannt mit ihrem Hund verkehren können, besteht – analog zur Familientherapie etwa – die Hundekorrektur bald zur Hälfte aus Herrchen- und Frauchentherapie. Entspannungstrainig. Immer mal wieder einundzwanzig zweiundzwanzig zählen.
Übrigens hat das Tierheim selbst größtes Interesse an einer angemessenen Erziehung der Hunde. Ein oft beobachteter Mechanismus: Pitbull beißt zu; die Stimmung in der Öffentlichkeit kippt; große Mengen von Pitbullhaltern stehen vor dem Tierheim und geben ihre Lieblinge ab, mit denen sie sich nicht mehr auf die Straße trauen. Im Berliner Tierheim warten derzeit 40 handzahme Pitbulls auf neue Besitzer. BuS
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