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Dialoge hinter Glas

■ Blaue Träume: Eine iranische Klage

Keine Frage: Manche Dinge können nur im Schutzraum gedeihen. Und dass dazu die im Exil vom Aussterben bedrohte Muttersprache zählt, unterliegt keinem Zweifel. Nur sollte man solch einsprachige Veranstaltungen – wie jüngst beim Festival des Iranischen Theaters in der Opera Stabile – nicht als publikumsoffen deklarieren und kulturübergreifend zur Aufführung etwa von Die blauen Träume der grauen Frauen einladen – einer Inszenierung, die aufgrund des 70-prozentigen Persisch-Anteils für Anderssprachige weitgehend zum pantomimischen und damit hermetischen Event wurde.

Um zwei Schauspielerinnen geht es in Niloofar Beyzaies Stück für zwei Personen (Parwaneh Hamidi und Mithra Zahedi). Beide haben Berufsverbot, eine blieb im Iran, eine ging – nach Deutschland; zu Beginn des Stücks begegnen sie einander nach vielen Jahren. Eine verzweifelte Medea drehte sich gleich zu Beginn irr um ihren Stock – eine Szene, die auch als Protest einer gebrochenen Frau gegen das unbegreifliche Berufsverbot gedeutet werden kann.

Bitterkeit mischte sich mit Resignation, als die nach Deutschland Geflohene beim Vorstellungsgespräch von ihrem Putzfrauenda-sein erzählte. „Ich spiele eben die Putzfrau“, habe sie sich einzureden versucht – und irgendwann nicht mehr gewusst, welche Facette ihrer selbst echt und welche gespielt war. „Spielt es überhaupt eine Rolle, wer ich war?“, fragte sie in den Raum – eine Erkenntnis, die wohl etliche ZuschauerInnen teilten.

Sehr dicht gestaltete sich auch die pantominische Annäherung der beiden Frauen, die die trennende Glasscheibe – ein Kommunikationsproblem oder reale Behinderung durch Repressalien? – nicht überwinden konnten und schließlich, jede für sich, zurückschlichen in ihre Welt. Da half es dann auch nichts mehr, dass sie füreinander Klagelieder der Sehnsucht sangen: Ihre Trennung war durch die Umstände zementiert. Petra Schellen

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