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■ EG-Fischereipolitik ist für Island inakzeptabelDezentralisieren!

Im letzten Jahrhundert hat sich die isländische Gesellschaft rapide verändert. Die Modernisierung basierte auf einer industriellen Revolution unserer Fischerei. Trawler und Motorschiffe bekamen Zugang zu europäischen und amerikanischen Fischmärkten. Für Island sind Fischprodukte die wichtigste Exportware. Wenn wir eine moderne Gesellschaft mit hohem Lebensstandard bleiben wollen, sind zwei Dinge unverzichtbar: der schrankenlose Zugang zu den besten Märkten und die Kontrolle über die Fischvorräte in unseren Gewässern.

In den isländischen Beziehungen zur Europäischen Gemeinschaft und zu anderen Ländern beherrschen diese beiden Bedingungen alle anderen Überlegungen. So ist der Zugang zum europäischen Markt für uns der wichtigste Grund für einen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Jetzt, wo die europäische Integration voranschreitet, wären Islands Interessen bestens geschützt, wenn es EG-Mitglied würde. Andererseits stellt jedoch die zweite Bedingung – die Kontrolle über unsere wichtigste natürliche Ressource – ein Hindernis dar. Denn die EG-Fischereipolitik ist für uns inakzeptabel.

In den meisten europäischen Ländern macht die Fischerei nur einen geringen Teil der gesamten Wirtschaft aus. Mit Ausnahme weniger Küstenregionen in Westeuropa hängt dort der Lebensstandard nicht vom Fischfang ab, dieser ist nur eine Ware unter vielen anderen. Diese Tatsache hat die heutige EG- Fischereipolitik beeinflußt. Für uns Isländer ist jedoch die Kontrolle über unsere Ressourcen die einzige Gewißheit dafür, daß auch zukünftig ein Leben auf dieser Insel möglich bleibt. Die Fänge lassen trotz technologischer Fortschritte und besserer Schiffe nach. Das beweist uns, daß wir unsere Vorräte besser als bisher schützen und den Fang daher managen müssen.

In dieser Hinsicht hat Island dieselben Interessen wie die Regionen innerhalb der EG, die ganz vom Fischfang leben: Wir müssen einen größtmöglichen Fang sicherstellen, ohne daß die Vorräte gefährdet werden. Dazu reicht die entfernte Kontrolle der EG-Institutionen in Brüssel nicht aus. Vielmehr müssen wir wie die anderen vom Fischfang abhängigen Regionen die eigenen Gewässer selbst kontrollieren. Das muß ein Eckstein sein in der zukünftigen EG-Politik und steht in Übereinstimmung mit den Zielen der Dezentralisierung und dem Subsidiaritätsprinzip (wonach jede Entscheidung auf der niedrigsten Ebene fallen soll). Ich bin überzeugt, daß dies die beste Lösung ist für die schwierigen ökonomischen und ökologischen Probleme, die durch die moderne Fischerei entstanden sind. Auf diese Weise werden auch die Grenzen der Küsten- und Fischereiregionen in Europa gestärkt. Sigurdur Petursson

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