Deutscher Fußballer in den USA: Ideale Spitze mit krasser Quote
Der deutsche Stürmer Hany Mukhtar wird Torschützenkönig in der Major Soccer League. Ist er nun ein Kandidat für das DFB-Team?
E nde November beginnt die Fußball-WM in Katar, und Hany Mukhtar wird dabei sein. So oder so. Entweder als überraschende Sturmhoffnung im Kader der deutschen Nationalmannschaft – das findet Mukhtar selbst eher „schwierig, aber nicht ausgeschlossen“. Ansonsten aber als Tourist mit der Verlobten – die Flüge sind schon gebucht.
Tatsächlich gibt es mittlerweile einige, die angesichts der letzten Vorstellungen der Nationalelf mit dem notorisch harmlosen Timo Werner den Namen Hany Mukhtar ins Spiel bringen. Tatsächlich gäbe es gute Argumente, den 27-Jährigen mal zur Nationalmannschaft einzuladen. In der gerade beendeten regulären Saison der Major League Soccer (MLS) wurde der gebürtige Berliner Torschützenkönig und bester Scorer. 23 Tore und elf Assists standen nach 31 Spielen zu Buche. Und nicht nur das: Mukhtar ist Favorit auf den Titel des MVP, des wertvollsten Spielers der Saison.
Nun machen sich Mukhtar und seine Kollegen vom Nashville SC große Hoffnungen für die Play-offs, in denen der US-Meister ermittelt wird. Zwar müsste Nashville zu allen Play-off-Spielen auswärts antreten, zum Auftakt geht es am Samstag nach Los Angeles zum MLS-Rekordmeister und Glamourklub Galaxy um den Ex-Leverkusener Chicharito und den ehemaligen Bayern-Profi Douglas Costa. Nashville ist Außenseiter, aber die Pla-yoffs finden im einfachen K.-o.-System statt, Überraschungen sind vorprogrammiert. „In einem Spiel kannst du jeden schlagen“, sagt Mukhtar.
Wenn Nashville weit kommen will in den Play-offs, dann wird Mukhtar dabei eine gewichtige Rolle spielen. Um das vorherzusagen, muss man kein allzu talentierter Prophet sein, gibt es doch keine andere Mannschaft, deren Spiel so auf einen einzelnen Akteur zugeschnitten ist. Nashville ist einer der jüngsten Klubs der beständig wachsenden MLS und spielt erst im dritten Jahr in der Liga. Mukhtar kam für 2,7 Millionen Euro von Bröndby Kopenhagen – und die Mannschaft wurde systematisch um den Rekordeinkauf herum aufgebaut.
Besser als Gareth Bale
Nashville steht tief und spielt klassischen Konterfußball. Und vorne lauert Mukhtar, der in dieser Spielzeit an sage und schreibe 60 Prozent der Tore seiner Mannschaft direkt beteiligt ist – eine Quote, an die kein anderer Spieler in der MLS auch nur annähernd heranreicht, auch nicht Stars wie Gareth Bale oder Xherdan Shaqiri. Mit seiner Schnelligkeit, Abschlussstärke und Übersicht als Vorlagengeber ist Mukhtar die ideale Spitze für die Defensivkünstler aus der Country-Hauptstadt.
Dass Mukhtar ein großes Talent war, das wussten die Experten schon lange, aber als Profi musste er einige Umwege gehen. Er durchlief erfolgreich die Jugendmannschaften von Hertha BSC und des DFB, wurde 2014 mit der U-19 Europameister und schoss den 1:0-Siegtreffer im Finale gegen Portugal. Doch in der Bundesliga hatte er Probleme und konnte sich beim damaligen Fahrstuhlklub Hertha nicht durchsetzen. Nach einem Wechsel zu Benfica kam er in Lissabon nur zu einem einzigen Einsatz und wechselte nach Salzburg, wo es nicht viel besser lief. Erst in Kopenhagen kam der Erfolg zurück, 2018 wurde er „Spieler des Jahres“ der dänischen Liga.
Ist er nun also reif für die Nationalmannschaft? Das Niveau der MLS ist immer noch weit entfernt von dem der großen europäischen Ligen. Andererseits bekleckerte sich ein von Real Madrid ausgemusterter Waliser Gareth Bale nicht eben mit Ruhm, kam für den Los Angeles FC meist nur von der Bank und konnte gerade mal zwei Tore erzielen. Gewinnt Nashville am Samstag, würde der womöglich kommende MVP Mukhtar im Viertelfinale auf Bale, das international bekannteste Gesicht der Liga, treffen. Wenn das nicht klappt, werden sich die beiden in Katar wiedersehen. Bale mit Wales, das sich zum zweiten Mal in seiner Geschichte für die WM qualifiziert hat. Und Hany Mukhtar so oder so, mit Freundin auf der Tribüne oder ja vielleicht doch mit dem DFB-Team auf dem Platz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich