■ Mit dem neuen Mochovce auf du und du: Deutsche zahlen mit
Berlin (taz/AFP) – Seit der Eiserne Vorhang Lücken hat, will Siemens bei den osteuropäischen Atomkraftwerken ins Geschäft kommen. Am Dienstag haben sie erstmals einen Vertrag abgeschlossen, bei dem richtig Geld über den Tisch geht: für zwei Reaktoren im slowakischen Mochovce soll das Konsortium Eucom – eine gemeinsame Firma von Siemens/ KWU und der französischen Framatome – für 150 Millionen Mark Technik zur Überwachung und Steuerung der Kraftwerke, für Strahlen- und Brandschutz liefern.
In Mochovce sind vier Reaktoren des russischen Typs WWER mit einer Leistung von je 440 Megawatt geplant. Die beiden ersten stehen seit 1990 im Rohbau, weil die slowakische Regierung die geschätzten 1,3 Milliarden Mark für die Fertigstellung nicht aufbringen konnte. Block eins soll im Juni 1998, Block zwei im März 1999 in Betrieb gehen.
Generallieferant für die technische Ausstattung mit Aufträgen im Wert von knapp 600 Millionen Mark ist die tschechische Firma Skoda, die nebenbei auch mit Siemens zusammenarbeitet. Auch russische und slowakische Unternehmen sind beteiligt. Erstmals werden damit Kraftwerksblöcke von Firmen aus West und Ost gemeinsam auf den international üblichen Sicherheitsstandard gebracht, teilte Siemens mit. Für die Erlanger Kraftwerksbauer geht es um Milliarden, schließlich warten in Osteuropa mehr als 70 WWER auf Modernisierung oder Fertigstellung.
Der österreichische Umweltminister Martin Bartenstein kritisierte den Weiterbau: Trotz Nachrüstung werde kein westlicher Sicherheitsstandard erreicht. Auf Betreiben Wiens war ein Kredit der Osteuropabank (EBWE/London) zur Vollendung der seit 1990 stillgelegten Baustelle gesperrt worden. Nun geben westeuropäische, tschechische und slowakische Banken Kredite.
Auf deutscher Seite ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau eingestiegen. Ihre Kredite werden üblicherweise von Hermes- Bürgschaften des Bundes abgesichert Für Christof Timpe vom Freiburger Öko-Institut Teil des Skandals: „Es ist damit zu rechnen, das die Kredite nicht zurückgezahlt werden können. Damit finanziert der deutsche Steuerzahler die Atompolitik der Slowakei mit. Außerdem werden so alle Mittel für die Erneuerung des Energiesektors in den AKW gebunden.“
Siemens hat sich auch für die Modernisierung der slowakischen AKW Bohunice beworben. Ein verbessertes Notkühl- und Abschaltsystem dieser berüchtigt maroden Reaktoren würde 257 Millionen Mark kosten. rem
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