Deutsche Migrationspolitik: Fix einbürgern, schnell abschieben
Die Ampel einigt sich auf neue Gesetze für Einbürgerungen und Abschiebungen. Im Januar kann der Bundestag sie beschließen.
Laut dem Gesetzentwurf der Ampel kann man künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland hier Staatsbürger werden. Bisher musste man mindestens acht Jahre hier leben. In Ausnahmefällen soll es schon nach drei Jahren möglich sein, sich einbürgern zu lassen: bei guten Leistungen in Schule oder Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement. Den alten Pass muss man dafür nicht mehr zwangsläufig aufgeben – was jetzt schon für EU-Bürger und einige andere gilt, soll zur Regel werden.
Voraussetzung für eine Einbürgerung ist, dass man keine staatliche Hilfe in Anspruch nimmt. Grüne und Abgeordnete der SPD hatten Ausnahmen für Behinderte und Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind, gefordert – ohne Erfolg. Das ist nun Ermessenssache. Verschärft werden die Regeln bei Abschiebungen. Behördenvertreter*innen sollen in Gemeinschaftsunterkünften nicht nur das Zimmer der Abzuschiebenden betreten dürfen, sondern auch andere Räume. Außerdem kann der „Ausreisegewahrsam“ von bislang 10 Tagen auf maximal 28 Tage verlängert werden. Für Minderjährige soll dies nicht gelten – außer, es handelt sich um Intensivtäter. Ausreisepflichtigen in Haft muss eine bevorstehende Abschiebung nicht mehr angekündigt werden. Schleuser und Mitgliedern krimineller Vereinigungen sollen ebenfalls leichter abgeschiben werden können.
Forderungen der Grünen
Die beiden Vorhaben, auf die sich die Ampel-Fraktionen nun verständigt haben, sollten ursprünglich bereits in der vorigen Woche zur abschließenden Beratung und Abstimmung auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt werden. Dazu kam es nicht, weil vor allem die Grünen noch Nachbesserungen forderten, die von der FDP abgelehnt wurden. Sie wollten etwa, dass Menschen, die in Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam kommen, automatisch kostenfrei ein Pflichtverteidiger an die Seite gestellt bekommen. Bei Abschiebungen oder Ausreisegewahrsam solle nun, wenn es noch keinen Rechtsbeistand gibt, ein Rechtsanwalt beigeordnet werden. Dies soll allerdings erst geschehen, wenn der Betreffende in Gewahrsam beziehungsweise Haft genommen worden sei.
„Bei der Reform der gesetzlichen Regelungen zu Rückführungen mussten wir durchaus schmerzhafte Kompromisse eingehen, die auch neue Härten für die betroffene Menschen bedeuten können“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz. Aber es werde die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren, dass in Zukunft jeder in einer solchen Situation „eine fachlich fundierte rechtliche Beratung an die Seite gestellt bekommt“, so von Notz. Die Koalitionäre würden zudem gesetzlich klarstellen, dass die Seenotrettung von Geflüchteten auch in Zukunft nicht kriminalisiert werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?