: Deutsche Geschichte in Musik
■ Das Mandelring-Quartett spielt Werke von Bertold Goldstein / Der Komponist ist in der Galerie Rabus und der Glocke dabei
KomponistenInnen zum Anfassen, sprich zum Nachfragen: das bieten das von Radio Bremen organisierte Bremer Podium, die Projektgruppe Neue Musik in ihren jährlichen Tagungen, gelegentlich Dacapo und ganz gelegentlich auch – man staune – die Philharmonische Gesellschaft. Nachdem vor drei Jahren Matthias Spahlinger sein Streichquartett erklärt hatte, ist heute nachmittag Berthold Goldschmidt zu Gast in der Galerie Katrin Rabus. Er wird zusammen mit dem Mandelring-Quartett seine beiden, 1936 und 1992 entstandenen Streichquartette vorstellen und proben. Goldschmidt ist 1903 geboren, konnte als Jude – „einer der großen Hoffnungen der deutschen Musik vor 1933“ (Hans Ferdinand Redlich) – 1935 nach London fliehen. In England setzte er sich als Dirigent nachhaltig für die Musik Gustav Mahlers ein. Sein eigenes Schaffen ist stark geprägt von seiner Biographie, beinhaltet auch jahrelanges Verstummen. Müßte man eine stilistische Einordnung vornehmen, so sind am ehesten Kurt Weill, Paul Hindemith, Serge Prokofieff zu nennen, auch Dimitri Schostakowitsch.
Mit dem mehrfach ausgezeichneten Mandelring-Quartett, in dem die drei Geschwister Sebastian, Nanette und Bernhard Schmidt zusammen mit dem Bratscher Michael Scheitzbach spielen, verbinden ihn persönliche Beziehungen nach deren Produktion aller drei Streichquartette: Die Geigerin Nanette Schmidt hat das einsätzige 1992 entstandene nunmehr 4. Quartett angeregt. Das zweite Quartett ist die erste Komposition im Londoner Exil, das vierte das Werk eines 91jährigen: 56 Jahre liegen also zwischen den Entstehungen der beiden Werke. Spannender kann man sich wohl kaum ein Programm in Anwesenheit des Komponisten vorstellen. Außerdem steht György Ligetis erstes Streichquartett „Métamorphoses nocturnes“ auf dem Programm: 1953 noch in Ungarn geschrieben,ist es sowohl geprägt von der geistigen Isolation, in der die Ungarn damals standen, als auch von der Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Béla Bartok
.Ute Schalz-Laurenze
Sonnabend 16 Uhr Workshop mit Berthold Goldschmidt und dem Mandelrin-Quartett in der Galerie Katrin Rabus (Plantage 13) , um 20 Uhr Konzert im Kleinen Saal der Glocke.
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