Deutsche Eislauf-Union in der Krise: Seltsames Demokratieverständnis

Die Deutsche Eislauf-Union versucht erneut, einen Vorstand zu bestimmen. Dabei geht es drunter und drüber.

Detailfoto vom Fuß einer Eiskunstläuferin

Im Unterschied zu ihren Prot­ago­nis­t:in­nen gibt die Deutsche Eislauf-Union keine gute Figur ab

Es ist der zweite Versuch. Es geht am 29. Oktober in Dortmund auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Eislauf-Union DEU erneut um die Wahl des Vorstands. Wie beim ersten Versuch im September soll das unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschehen. „Bei der DEU ist eben vieles so geheim wie unter Kaiser Wilhelm“, kommentierte das die Fachzeitschrift Pirouette. Demokratische Gepflogenheiten seien hier noch nicht angekommen.

Der erste Versuch, die Nachfolge des betagten Präsidenten Dieter Hillebrand zu regeln, war gescheitert. Nunmehr bewirbt sich der langjährige Journalist Andreas Wagner mit zwei neuen Kandidaten als Vize. Sollte dieses Trio gewählt werden, hätte der Verband, in dem überwiegend Mädchen trainieren, erneut einen rein männlichen Vorstand.

Im September hatten zwei Dreierteams gegeneinander kandidiert: Eines im reiferen Lebensalter und ein ambitioniertes junges Team. Beide Trios hatten vorab erklärt, nur als Team anzutreten. Die Verbandsmitglieder hatten jedoch aus der jungen Gruppe Larissa Vetter als Präsidentin und Benjamin Bluhm als ihren Vize sowie aus dem reiferen Team den Sportjournalisten Andreas Wagner als den zweiten Vize gewählt. Und: Die Gewählten hatten die Wahl nicht angenommen.

Auf den ersten Blick wirkt das wie eine kindische Trotzreaktion. Doch nach Recherchen der dpa hatte es auf der Versammlung Einschüchterungen und eine Ansage gegeben, dass einzelne DEU-Mitarbeiter nicht mit dem jungen Team zusammenarbeiten werden, sollte das gewählt werden. Die dpa zitiert Präsidentin-Kandidatin Larissa Vetter, der zufolge Präsident Hillebrand auf der Versammlung gemahnt habe, „dass sich die Mitglieder vor dieser Herausforderung bei der Wahl genau überlegen sollten, welche Konsequenzen drohen würden. Außerdem hat er verkündet, dass die Geschäftsführung nicht weiter zur Verfügung stehen würde, wenn nicht“ das reifere „Trio gewählt werden würde“, so Vetter gegenüber der dpa.

Tadel für Wahlverhalten

Larissa Vetter empfand das als eine „Art von Einschüchterung.“ Sie habe erwogen, die Wahl anzunehmen, „wenn der Gegenwind uns nicht abgeschreckt hätte“. Vetter, eine ehemalige Eiskunstläuferin und heutige Ärztin, sagte der taz, dass sie und ihr Team jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach der Wahl gingen die Einschüchterungen weiter. Der taz liegt eine Mail von Geschäftsführer Alexander Wetzel vor, in der er, ein Vertrauter von Hillebrandt sowie von dem umstrittenen Alt-Sportdirektor Udo Dönsdorf, die Mitglieder für ihr Wahlverhalten tadelt: „Inwieweit dabei die Mitglieder den Ernst der Lage erkannt haben, ist nach der Wahl eher fraglich.“

Für den Fall der Wahl unerfahrener Kandidaten drohe der Entzug öffentlicher Gelder für die Deutsche Eislauf-Union, weil deren Vergabe an eine funktionierende Geschäftsführung geknüpft sei. Die drei jungen Kandidatinnen seien, so Wetzel, „ohne Prüfung der Eignung durch die eingesetzte Findungskommission und unwissend über die Tragweite der Verantwortung, die ein Präsidiumsamt mit sich bringt“, ins Rennen geschickt worden – ein fragwürdiges Demokratieverständnis.

Wetzel ist verbandsintern umstritten, sich aber der Unterstützung des reiferen Teams sicher. Als Geschäftsführer arbeitet er nur im Minijob. Noch-Vizepräsident Reinhard Ketterer sagt der taz, er habe im alten Vorstand immer die Auffassung vertreten, ein Geschäftsführer muss vollends ein Angestelltenverhältnis haben. Die Mittel dazu wären da, Sozialabgaben hätte man nicht sparen wollen. Doch hätte sich Wetzel selbst gegen eine solche Anstellung gestemmt. Gut möglich, dass ein neuer Vorstand das nicht mehr mitträgt. Wetzel selbst ließ mehrere Anfragen unbeantwortet.

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