: Deutsche Bank will sparen
Nach einem drastischen Gewinneinbruch im vergangenen Jahr setzt das größte deutsche Geldinstitut auf den alten Standort, eine neue Führungsstruktur und weitere Rationalisierungen
von BEATE WILLMS
Es war ein Tag der enttäuschten Erwartungen: Die einen hatten bereits den ersten Chief Executive Officer (CEO) nach angelsächsischem Muster eine deutsche Aktiengesellschaft übernehmen und den Standort des größten deutschen Geldinstituts von Frankfurt/Main nach London verlagern sehen. Andere hatten auf halbwegs präsentable Zahlen gehofft. Das eine wollten die Spitzenvertreter der Deutschen Bank auf ihrer gestrigen Bilanzpressekonferenz offenbar nicht erfüllen, beim anderen konnten sie es nicht.
Die Führungsstruktur wird zwar umgebaut – aber zumindest im ersten Schritt bekommt der designierte neue Chef, Josef Ackermann, nicht die befürchtete Stellung eines CEO, der im Unternehmen das letzte Wort hat und allein verantwortlich ist. Und auch ein Umzug ist vorläufig nicht geplant. Die Deutsche Bank bleibt in Frankfurt und soll auch keine Geschäftsbereiche nach London verlagern. Ihre „große Stärke liegt in den Wurzeln in Frankfurt am Main“, sagte der noch bis Mai amtierende Vorstandssprecher Rolf E. Breuer. Diesen Vorteil „würden wir ohne Not nicht aufgeben wollen“.
Konkret enttäuschte die Deutsche Bank aber vor allem mit ihren aktuellen Zahlen. Im Geschäftsjahr 2001 hat sie deutlich weniger Gewinn gemacht als im Jahr davor. Allerdings lassen sich die Zahlen nur mittelbar vergleichen, weil erstmals nach US-GAAP bilanziert wurde, was in den letzten Tagen für erhebliche Unsicherheit an der Börse gesorgt hatte. Vor Steuern und dem „kumulierten Effekt aus Änderungen der Bilanzierungsmethode“ verdiente die Bank 1,8 Milliarden Euro, 2000 waren es noch 6,9 Milliarden gewesen. Der Jahresüberschuss sank von 13,5 Milliarden auf nur noch 167 Millionen Euro. Als vertrauensbildende Maßnahme will der Vorstand dem Aufsichtsrat trotzdem eine unveränderte Dividende von 1,30 Euro je Aktie vorschlagen.
Das schlechte Ergebnis ist vor allem auf das schwache Börsenjahr zurückzuführen. Allein die Gewinne aus dem Verkauf von Industriebeteiligungen und Finanzanlagen im Versicherungsgeschäft brachen um 59 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro ein.
Begegnen will die Deutsche Bank der Situation mit weiteren Rationalisierungen. „Wir haben in den kommenden beiden Jahren ein Einsparpotenzial von 2 Milliarden Euro“, sagte Breuer. Bereits jetzt plant das Management 10.000 Stellen abzubauen – mehr als bei jeder anderen europäischen Bank. Das Inlandsgeschäft mit Privat- und Firmenkunden soll jedoch nicht zur Disposition stehen. Die Deutsche Bank wolle „in der Konsolidierung der globalen Banklandlandschaft eine wichtige Rolle spielen“, so Ackermann. „Das geht nur bei besserer Börsenkapitalisierung und mehr Effizienz.“
Dafür soll die neue Führungsstruktur sorgen. Der Konzernvorstand wird von 7 auf 5 Mitglieder verkleinert und sich künftig auf strategische Aufgaben wie Kontrolle, Risikomanagement und Ressourcenverteilung konzentrieren. Das operative Management übernimmt das so genannte Group Executive Committee, in dem der Vorstand mit den Geschäftsbereichsleitern zusammenarbeitet. Damit sollen Letztere enger in die Konzernführung eingebunden werden. Auch hier übernimmt der Vorstandssprecher die Spitze.
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