■ Nachschlag: Désirée Nick ist „Vollklimaktisiert“ in der Bar jeder Vernunft
Désirée Nick schlägt zurück. Die Selfmadewoman in Sachen Entertainment hat sich noch nie unterkriegen lassen. Auch wenn ihr viele auf ihrem Weg zum Ruhm nicht einmal eine Karriere als drittklassige Tingeltangel-Aktrice zugetraut hätten. Auch die „Bar jeder Vernunft“ wollte an ihr Talent zum Star nicht glauben und hat sie einst schroff abgewiesen. Das hat sich Nick gemerkt. Für diese Genugtuung hat sie jetzt für den Ort ihrer Schmach eigens ein Programm erarbeitet. Dabei geht sie mit dem Spiegelzelt eigentlich recht geziemend um und beschränkt sich auf einige Boshaftigkeiten über die mondän klingen wollende Speisekarte und ein paar hämische Spitzen gegen die hier auftretenden KünstlerkollegInnen. Désirée Nick will es allen zeigen, und man sah ihr beim Premierenabend die Anspannung auch ein wenig an. Aber sie kann gelassen sein: Ihr Selbstbewußtsein ist gerechtfertigt. „Ich bin ein Star!“ platzt sie heraus, „ich brauche nicht nett zu sein.“ Sie ist zwar noch keine Bette Midler, aber mindestens schon Zsa Zsa Gabor. Und nett, nein, nett ist sie wirklich nicht. Die Schwulen, ja, die liebt sie. Mit mancher Tunte teilt sie die Liebe zum Trash, zu tülligen Fummeln, grellen Gesten und graziösen Bewegungen, die gleichsam perfekt sitzen und auch schon die Parodie darauf sind.
Ansonsten machen Nicks verbale Rundumschläge vor nichts halt. Stewardessen müssen ebenso herhalten wie saturierte Spießer und aufdringliche Zwischenruferinnen im Zelt: „Wissen Sie, Comedy ist ein sauschweres Geschäft. Das überlassen Sie besser mir.“ Und sie beherrscht es wirklich. Hier, wo die Atmosphäre wesentlich intimer ist als im großen Renaissance-Theater, zeigt sich dies noch deutlicher. Sie rückt ihrem Publikum auf die Pelle und hat es von Anfang an fest im Griff: als erotisches Glamour-Girl, als versaute Zotenreißerin, als eifrig bemühte Diseuse oder als quasseliges Plappermaul in würdiger Nachfolge einer Gisela Schlüter. „Komm in meinen Wigwam“, singt sie, als kleiner Seitenhieb gegen den Auftrittsort, spreizt rhythmisch und lasziv die Beine auseinander und läßt keinen im ungewissen, was sie wirklich meint. Eine Frau wie die Nick kann manchen Mann das Fürchten lehren. Axel Schock
Bis 15.8., Di–So, 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24
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