Nachgehakt: Der unterbelichtete Kinderpornograph
■ In Fotolaboren hilft Kommissar Zufall, Kinderpornographie und anderen illegalen Gelüsten auf die Spur zu kommen
Millionen von Quadratmetern Fotopapier verarbeitet ein modernes Großlabor jedes Jahr. Die Produktion ist automatisiert, die fertig entwickelten Bilder werden in Papiertaschen verpackt in die einzelnen Läden geliefert. Alles ist vollkommen anonym, die abgelichteten Motive bleiben Privatangelegenheit.
Das mag sich auch der 62-jährige Neustädter gedacht haben, der kürzlich als Kinderporno-Sammler ertappt wurde und sich jetzt wegen Missbrauchs verantworten muss. Der Mann hatte gestanden, selbst auf den Auslöser gedrückt zu haben. Die verbotenen Bilder wurden entdeckt. Der Fehler des vertrauensseligen Pornographen: Er hatte die Filme in einem Bremer Fotogeschäft abgegeben.
Denn trotz automatischer Produktion werden jedes Jahr im Laborbetrieb Abzüge mit verbotenem Inhalt aufgespürt. „In der Regel sind das Sachen aus dem Familienbereich“, erklärt der Leiter des Bremer Sonderdezernat K 32 („Sexual- und Rotlichtdelikte“), Werner Meyer – Kindesmissbrauch, Pornographie, Sex mit Tieren.
Die entdeckten Motive sind aller Wahrscheinlichkeit nach nur die Spitze des Eisbergs: Es handelt sich um Bilder, die bei routinemäßigen Qualitätskontrollen entdeckt wurden – Stichproben also. Dass die Labore Meldung erstatten, ist dabei aus Meyers Sicht eine Sache der Moral, „es ist eine freiwillige Geschichte“.
In den betroffenen Firmen selbst hält man sich bedeckt. Ein Mitarbeiter von „Nord Color“ in Bad Schwartau – hier lässt beispielsweise Foto Dose entwickeln – berichtet von einem Beschluss, „mit diesem sensiblen Thema nicht an die Öffentlichkeit zu gehen“. Trotzdem: Derartige Bilder würden grundsätzlich zur Anzeige gebracht. Dazu habe man sich selbst verpflichtet. „Wir sind ein Frauenbetrieb“, sagt er, „da wird sensibel auf so etwas reagiert.“
Auch Kommissar Meyer ist der Meinung, dass die Firmen vernünftig mit dem Thema umgehen würden. Indes: Wenn jemand professionell Kinderpornographie produziere, wäre er aus Meyers Sicht verrückt, die Filme in ein normales Labor abzugeben. Täter, die so verfahren würden, seien meistens „nicht die Hellsten“. Hobby-Pornographen. Oder sie haben noch keinen Computer inklusive Digitalkamera. hase
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