piwik no script img

■ Die AnderenDer "Standard", die "Liberation" und das "Algemeen Dagblad" kommentieren Kohls Rede auf dem CDU-Parteitag / Die "Times" urteilt skeptisch über das Treffen Blairs mit der Sinn-Fein

Der „Standard“ aus Wien kommentiert Kohls Rede auf dem CDU-Parteitag: Als programmatische Rede, die den Weg ins nächste Jahrtausend weisen solle, war die Ansprache von CDU-Chef Helmut Kohl angekündigt worden. Wer sich vom 24 Jahre amtierenden Vorsitzenden ein Aufbruchssignal erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht. Normalerweise läuft Kohl zur Höchstform auf, wenn Wahlen vor der Tür stehen oder er angegriffen wird. Diesmal war es anders. Die Rede war eine Pflichtübung.

Anders fällt das Urteil der in Paris erscheinenden Tageszeitung „Libération“ über die Leipziger Rede des Bundeskanzlers aus: Das Wort „Kampf“ ist in den ersten Minuten der Rede Helmut Kohls vor dem Parteitag seiner Christ-Demokratischen Union in Leipzig nicht weniger als 14mal aufgetaucht. Im Alter von 67 Jahren mußte der Kanzler, der in der vergangenen Woche von der jungen Generation seiner Partei angegriffen worden war, beweisen, daß er noch die notwendige Energie hat, um bei den Parlamentswahlen vom September 1998 für ein fünftes Mandat anzutreten. Das hat Helmut Kohl getan – mit einer Schärfe, die in diesem Land mit seinen eher höflichen politischen Sitten fast ungewöhnlich ist. Die Bewährungsprobe von Leipzig bestand er wie erwartet: Die eineinhalbstündige Rede wurde mit drei Minuten Beifall bedacht.

Zur Kohl-Rede schreibt die niederländische Tageszeitung „Algemeen Dagblad“: Seit der deutschen Wiedervereinigung ist Kohl ein Politiker von europäischem Format. Der politischen und wirtschaftlichen Stabilität auf unserem Kontinent ist damit gedient, wenn er vorläufig Regierungschef bleibt. In und außerhalb der Bundesrepublik ist kein Politiker zu finden, der so viel europäische Erfahrung hat wie Kohl. Ob die deutschen Wähler auch so denken? Sie haben mit einer großen Arbeitslosigkeit zu tun und einer mißglückten Steuerreform. Für Europa mag eine neue Legislaturperiode für Kohl von Vorteil sein, doch der deutsche Wähler und niemand sonst bestimmt, ob es die geben wird.

Die britische „Times“ urteilt skeptisch über das Treffen des britischen Premiers Tony Blair mit dem Vorsitzenden der Sinn-Féin-Partei: Obwohl bei Blairs Treffen mit Gerry Adams keine Kameras zugelassen waren und obwohl die Regierung eine Gleichbehandlung von Sinn Féin erreichen will, muß dieses Treffen als ein weiterer Propaganda-Coup für die republikanische Bewegung angesehen werden, die nach wie vor weder symbolisch noch im Inhalt zu Konzessionen bereit ist. Blair mag der Ansicht sein, daß es in Nordirland niemals Fortschritte geben wird, wenn man zum Gefangenen von Prinzipien wird. Aber selbst wenn man die Dinge pragmatisch betrachtet, ist der jetzt eingeschlagene Kurs gefährlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen