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Der konstante Jockel

Es gibt eine Konstante in meinem Leben, und die heißt Jockel. Jedes Jahr, wenn ich zu Weihnachten nach Hause komme, steht er in meiner ehemaligen Lieblingskneipe an der Theke. Dort stand er schon vor 16 Jahren, als ich noch zu Hause wohnte, zur Schule ging und nachmittags in die Bar kam. Keine Ahnung, ob er Bier oder Grappa trinkt. Ob er was zu sagen hat, weiß ich auch nicht. Egal. Hauptsache, er steht an der Theke, wenn ich komme. Ein bekanntes Gesicht, an einem bekannten Ort. Die Welt ändert sich, Jockel steht an der Theke, und das ist gut so. Eine Konstante braucht der Mensch.

Voriges Jahr fiel der Tannenbaum mit den brennenden Kerzen im Wohnzimmer meiner Eltern um und verfing sich in der Gardine. Der Vorhang ging in Flammen auf. Mit Decken versuchten wir, das Feuer zu ersticken. Der Brand war schnell gelöscht. Aber der Schreck saß uns in den Gliedern. Die Stimmung war im Eimer. Wir tranken einen Schnaps. Die Lust, Geschenke auszupacken, war uns vergangen. Im Ofen schmorte die Gans. Die Gardine hing in angesengten Fetzen von der Decke. Brandgeruch lag in der Luft. „Das hätte ganz schön ins Auge gehen können“, sagte mein Vater und schüttelte den Kopf. Auf seiner Hand glühte eine Brandblase. Nur mir zuliebe hatten meine Eltern auf die Plastiklichterkette verzichtet und den Baum mit echten Kerzen geschmückt. Irgendwie hatte ich geahnt, daß dieses Weihnachten wieder etwas passieren würde. Wenn es Weihnachten nicht brannte, gab es Streit.

Frustriert verabschiedete ich mich von meinen Eltern. Sie protestierten nicht. Ich setzte mich ins Auto und fuhr in die Kneipe. Zum Glück stand Jockel an der Theke. Hella Mahlstedt

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