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Der kleine Unterschied zwischen Frauenvertreterin und -beauftragter

■ Frauenvertreterin im Studentenwerk ihres Amtes enthoben

Berlin. Der Geschäftsführer des Studentenwerkes muß bis Montag überlegen, ob er die Frauenvertreterin in seiner „Anstalt des öffentlichen Rechts“ im Amte belassen will — jedenfalls bis zu einem Gerichtsbeschluß. Diese Frist setzte ihm die Anwältin der Betroffenen. Sie hatte gerichtlichen Widerspruch erhoben, nachdem er am 5.November die Frauenvertreterin ihres Amtes enthoben hatte.

Der Geschäftsführer hatte nämlich in der Zeitung gelesen, daß das Berliner Verwaltungsgericht Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Wahl der Frauenvertreterinnen in den Bezirksämtern von Charlottenburg und Tiergarten geäußert habe. Gegenüber der taz blieb er gestern dabei, daß er „richtig“ gehandelt habe. Die beiden Fälle in Charlottenburg und Tiergarten sind jedoch nach Auskunft von Rechtsanwältin Gisela Ludewig, die in allen drei Verfahren beteiligt ist, anders gelagert.

Erstmal grundsätzlich: Im Unterschied zur Frauenbeauftragten, die sich um die Frauenbelange innerhalb eines Bezirks kümmert, hat die Frauenvertreterin nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz die Aufgabe, innerhalb der Behörden — hier: des Bezirksamtes — gegen Diskriminierungen des weiblichen Geschlechts vorzugehen. Die Charlottenburger Frauenvertreterin ist nun seit Anfang 1992 im Amt. Eine andere Frau, die auch gerne auf diesen Posten gewählt worden wäre, nach ihrer Bekundung vor Gericht aber zu spät Kenntnis von der behördeninternen Wahl erhielt, habe deren Amtsantritt vergeblich per Einstweiliger Verfügung zu verhindern versucht, so die Anwältin. Bezirksbürgermeisterin Monika Wessel (SPD) habe sodann erklärt, die Frauenvertreterin bleibe während der Zeit der gerichtlichen Überprüfung im Amt, um Chaos in der Behörde zu vermeiden. Am 28.Oktober habe dann das Verwaltungsgericht entschieden, daß die Bestellung der Frauenvertreterin rechtswidrig gewesen sei.

Die Begründung der Verwaltungsrichter war sehr formal: Das Landesantidiskriminierungsgesetz enthalte keinerlei Einzelheiten über das Wahlverfahren solcher Frauenvertreterinnen und sei somit verfassungrechtlich bedenklich. Denn der Gesetzgeber müsse klare Regelungen definieren und dürfe so etwas wie das Wahlverfahren nicht der Entscheidungsmacht der Verwaltung überlassen.

Gegen diesen Gerichtsbeschluß hat die Anwältin bereits wieder Beschwerde eingelegt. Die Charlottenburger Frauenvertreterin, erklärte sie, sei nach wie vor im Amt.

Auch die Frauenvertreterin von Tiergarten sei keineswegs des Amtes enthoben, aber sie habe jetzt Schwierigkeiten mit ihrer Freistellung bekommen. Hintergrund sei, daß sie bei einer Stellenbesetzung von ihrem Beanstandungsrecht Gebrauch gemacht habe. Die Parallele zu dem Fall in Charlottenburg: Schon im Dezember 1991 hatte das Verwaltungsgericht ähnlich lautende Bedenken gegenüber dem Wahlverfahren geltend gemacht. usche

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