: Der graue Planet
■ Globaler Umweltbericht folgenlos
Berlin (taz) – Bundesforschungsminister Paul Krüger (CDU) stand gestern vor einer schwierigen Aufgabe. Er mußte namens der Bundesregierung erklären, welche Schlüsse die Bonner Koalition aus dem ersten Bericht des „Wissenschaftlichen Beirats globale Umweltfragen“ seines Ministeriums gezogen hatte. Zwar war der entsprechende Bericht der Bundesregierung immerhin 25 Seiten lang, Krügers Presseerklärung drei Seiten, neue Schlüsse wurden aber kaum gezogen.
Dabei hätte das 300 Seiten starke Gutachten solche Schlüsse durchaus nahegelegt: Die 12 WissenschaftlerInnen hatten festgestellt, daß das „Teilsystem Wirtschaft“ für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen des Planeten hauptverantwortlich sei und die bisherige Form des Wirtschaftens nicht nachhaltig sei. Notwendig sei eine gewaltige Umstrukturierung der Wirtschaft, eine Verdreifachung der Entwicklungshilfe und ein neuer Tropenwaldfonds zur Erhaltung der Regenwälder.
Krüger begrüßte das Gutachten des Beirats, aber all dies lehnt die Bundesregierung weiter ab. Die Bundesregierung will „den bereits begonnenen umweltentlastenden Strukturwandel der Wirtschaft weiter fortsetzen“, aber keine radikalen Schritte. Es gebe doch schon Gesetzentwürfe zum Bodenschutz und zur Kreislaufwirtschaft.
Die Erhöhung der Entwicklungshilfe auf ein Prozent des Bruttosozialprodukts, wie vom Beirat gefordert, „gehört nicht zu den Zielsetzungen der Bundesregierung“. Schließlich gebe man ja ohnehin viel Geld für die Länder Mittel- und Osteuropas aus, die nur leider international nicht als Entwicklungsländer geführt würden. Und ein Tropenwaldfonds, wie ihn die Wissenschaftler fordern, komme schon gar nicht in Frage: „Angesichts der bereits zahlreichen bestehenden und bewährten bi- und multilateralen Finanzierungsmechanismen“ lehne die Bundesregierung einen solchen Fonds schlicht ab. Dabei sollen in den kommenden 25 Jahren mindestens 1,5 Millionen Arten endgültig von der Erde verschwinden – gerade im tropischen Regenwald.
Bei dem größten globalen Umweltproblem, dem Treibhauseffekt, produziert Krüger besonders viel heiße Luft. Die Bonner Koalition strebe eine Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen um 25 bis 30 Prozent weiter an. Dieses Ziel decke sich mit den Handlungsempfehlungen der WissenschaftlerInnen. Wo es aber konkret werden könnte, blieb Krüger Antworten schuldig. Obwohl der Beirat die Verkehrspolitik als zentrales klimapolitisches Problem identifiziert hatte, tauchte der Begriff Verkehrsvermeidung gestern nicht ein einziges Mal auf. Hermann-Josef Tenhagen
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