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Der fliegende Roland

■ Die French Open feiern ihren 100. Geburtstag

Paris (taz) — Wer an die französischen Tennismeisterschaften in Paris denkt, der hat sofort einen Namen im Kopf: Roland Garros. Ein Kuriosum allerdings, denn der Mann war zwar sportbegeistert und man bescheinigt ihm in den Annalen gar hervorragende Qualitäten als Rugby-Spieler, dem Quartett der französischen „Musketiere“ um Lacoste oder Cochet in den glorreichen 20er Tennisjahren oder einer späteren Equipe, die der „Grande Nation“ auf den Courts zu Ruhm und Ehren verhalfen, gehörte er jedoch nie an.

Zweifelsohne wollte Roland Garros, der im Jahre 1888 das Licht der Welt erblickte, aber ebenfalls hoch hinaus. Er war einer der ersten „Fliegenden Männer“, ein französischer Flugpionier, der Maßstäbe setzte: mit seiner „Morane H“ überflog er am 23. September 1913 das Mittelmeer vom Süden Frankreichs nach Tunesien.

Wenn sein Name heute dennoch synonym für den weißen Sport in Paris steht, dann unter anderem, weil Roland Garros dem „Stade Francais“, dem in seiner Zeit größten Pariser Sportverein, angehörte; und ebendieser organisiert seit 1912 im Stadion an der Faisanderie die „Internationalen Französischen Meisterschaften“. Das Turnier besteht allerdings schon länger: Seit einem Jahrhundert genau wird in Paris gegen die Filzkugel geschlagen, was den Veranstaltern in diesem Jahr einige Sonderveranstaltungen wert ist.

Die Geschichte der French Open, des wichtigsten Sandplatzturnieres der Welt, liest sich auch heute noch spannend. Seit 1925 spielte Tennis-Frankreich die Meisterschaften alternierend an der Faisanderie und im Racing Club aus. Beide Veranstaltungsorte boten aber bald nicht mehr genug Platz, um dem gestiegenen Zuschauerinteresse genügen zu können. Eine neue Tennis-Arena mußte dringend her, umso mehr, als es doch galt, in der „Challenge Round“ 1928, dem Davis Cup, den im Jahr zuvor errungenen Titel gegen die Amerikaner samt Superstar „Big“ Bill Tilden zu verteidigen. Gestützt auf ein Komitee der drei Pariser Tennis-Clubs und mit finanzieller Hilfe der Stadt entstand in einem zeitlichen Kraftakt, in weniger als einem Jahr das neue Tennis-Mekka im Bois de Boulogne, am südwestlichen Stadtrand von Paris.

Der Betonklotz mit der Art- Deco-Architektur strahlte von Beginn an einen ganz eigenen Charme aus. Bei der Namensgebung erinnerten sich dann die Komiteemitglieder des Flugpioniers Garros, der 1918 sechs Wochen vor dem Waffenstillstand mit seiner Maschine verschollen war: Der Tennis-Tempel bekam seinen Namen.

Im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen 1980 und '84 kann sich der Besucher derzeit auf 16 Plätzen tummeln und im Gewirr der zahllosen Erstrundenbegegnungen nach seinen Lieblingen suchen. Die meisten zogen dabei doch den Centre Court vor, wo Steffi Graf zum Auftakt mit der 16jährigen Bulgarin Magdalena Malejewa einige Mühe hatte, dann aber doch nach 6:3 im ersten Satz auch den Tie-Break des zweiten mit 8:6 gewann. André L'Heureux

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