■ Mit dem Insiderhandel auf du und du: Der erste Bösewicht
Berlin (taz) – Strafrecht wird nur ernst genommen, wenn es auch zu Verurteilungen führt. Dann fühlt sich der rechtstreue Teil der Bevölkerung in seiner Ehrlichkeit bestärkt, und vielleicht wird dabei ja sogar der eine oder andere Bösewicht abgeschreckt. Als Bösewichte gelten seit August 1994 auch WertpapierhändlerInnen und AnlegerInnen, die Insiderinformationen auf Kosten der anderen AnlegerInnen nutzen. Der erste entlarvte Insider-Bösewicht heißt Harald Kronseder und ist Miteigner der Krones AG im bayerischen Neutraubing.
Jahrelang segelte die Krones AG als Weltmarktführer im Bereich Getränkeetiketten wirtschaftlich im Aufwind, doch als Ende letzten Jahres ein Großauftrag in Südamerika platzte, war ein eklatanter Gewinneinbruch unausweichlich. Harald Kronseder, der die Depots des Familienunternehmens verwaltete, reagierte schnell und verkaufte Vorzugsaktien im Werte von rund 1,1 Millionen Mark. Kurze Zeit später wurden die Probleme von Krones auch öffentlich bekannt, binnen zwei Tagen stürzte der Kurs der Aktie von über 1.100 Mark auf nur noch 780 Mark. Kronseder hatte mit seiner Transaktion also sich und seiner Familie Verluste in Höhe von rund einer halben Million Mark erspart.
Das Amtsgericht Frankfurt/ Main verurteilte den Finanzjongleur nun zu einer Geldbuße in Höhe von 1,8 Millionen Mark, die dank eines Strafvorbehalts allerdings nur bei erneuter Straffälligkeit zu zahlen wären; eine Bewährungsauflage von 600.000 Mark muß er jedoch in jedem Fall bezahlen. Sein Fall wird nun in der gesamten Wirtschaftspresse breitgetreten, obwohl er mit einem Geständnis noch eine öffentliche Verhandlung vermeiden konnte.
Deutschland war bis zur Verschärfung der Gesetzeslage im vorigen Jahr der letzte wichtige Finanzplatz ohne Insiderregelung. Selten hat die Wirtschaft so laut nach mehr Regulierung gerufen wie nach der Affäre Steinkühler, als die Gesetzeslücke auch der breiten Öffentlichkeit deutlich wurde. Mit dem 2. Finanzmarktförderungsgesetz wurde der Insiderhandel unter Strafe gestellt und Mitteilungspflicht für „kursrelevante“ Informationen eingeführt. Sogar eine neue Überwachungsbehörde entstand: seit Jahresbeginn residiert in Frankfurt/Main das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe).
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen gegen MitarbeiterInnen der Commerzbank aufgenommen. Kurz vor dem Kurssturz bei Krones hatten nämlich mehrere Commerzbank-KundInnen ebenfalls Aktienpakete abgestoßen – und zufällig ist die Commerzbank auch Hausbank der Krones AG ... Christian Rath
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