: Der böse Widerstand
■ Kiechles Äußerungen zu den Chilenen
In der Diskussion um die Aufnahme der Chilenen geht es jetzt um den „guten“ und den „bösen“ Widerstand. Der gute Widerstand gegen die Militärdiktatur ist friedlich und gewaltlos, und der böse Widerstand ist blutig und terroristisch. Wenn Ignaz Kiechle jetzt erklärt, daß er für diejenigen, die in Chile morden, seine Hand nicht heben will, um ihnen hier Asyl zu gewähren, meint er damit natürlich keineswegs die Generäle. Kiechle meint diejenigen, die sich gewaltsam der Militärdiktatur widersetzen, einer Diktatur, die eine aus demokratischen Wahlen hervorgegangene Regierung blutig stürzte. Dabei hat Kiechle kein moralisch legitimiertes Recht, sich hier hinzustellen und sein Urteil quasi zum Maßstab darüber zu machen, welcher Widerstand in Chile legitim ist und welcher nicht. Auch die Linke hier sollte die Finger davon lassen. Die Entscheidung über die Widerstandsformen müssen die Chilenen selbst treffen. Das heißt nicht, bedingungslos jeden Widerstand dort zu unterstützen, es kann aber durchaus bedeuten, auch Widerstandsformen, die Mord mit einschließen, für legitim zu halten - gerade in Chile. Die Deutschen sollten sich davor hüten, ihren Maßstab für Widerstand für gemeingültig zu erklären, denn der hat neben aller jetzt geäußerten Theorie auch eine Praxis, und die lautete in der Vergangenheit zumeist: Wir haben nichts gewußt und wir konnten doch nichts gegen Hitler machen. Ignaz Kiechle ist Jahrgang 1930, er war 15 als die nationalsozialistische Herrschaft von den Alliierten beendet wurde. Ich weiß nicht, ob er als Pimpf oder Flakhelfer selber noch an Kriegshandlungen beteiligt war - wer würde ihm daraus ernstlich einen Vorwurf machen wollen? Nur qualifiziert ihn das nicht dafür, über seine persönliche Meinung hinaus, ein Urteil darüber abzugeben, welcher Widerstand in Chile gut und welcher zu verurteilen ist. Max Thomas Mehr
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