Das Portrait: Der Wolfsmann
■ Wolfman Jack
Wolfman Jack ist tot! „Hmmm.“ Der Erfinder des Rockradios! „Hä?“ Der DJ aus American Graffiti! Umpa-umpa-umpa-umum- umummm dröhnt der Tekknobeat im Polkarhythmus weiter, und noch nie kam ich mir so alt vor. Bloß weil ich Wolfman Jack überhaupt kenne. Geboren wurde er 1938 in New York. Seine Eltern gaben ihn bald an den Rock 'n' Roll verloren.
Edgar Hoover und Billy Graham hatten recht: Freitagnacht explodierten die Hormone im Teeniehirn, und Robert Smith wurde zum Wolfman. Er schrie und tobte, grapschte nach Bier und Mädchen, ließ seine Singles und sein Becken rotieren. Am schlimmsten aber war, daß Satan ihm seine Reibeisenstimme geliehen hatte. Als alle Exorzismen mit Perry Como und Doris Day fehlschlugen, packte Jack seine Platten und zog nach Mexiko. Dort, wo selbst auf Beerdigungen die Mariachi für mehr Spaß sorgte, als jeder US-Radiosender, wurde er DJ bei den border stations, die ohne Lizenz über die Grenze funkten. 1963 ertönte sein Wolfsgeheul erstmals on air, und sofort war klar, daß hier einer nicht nur die neuesten Singles hat, sondern den Rock 'n' Roll lebte. Der seine Begeisterung herausschrie und noch aus der Ortstemperatur eine Obszönität machte. Plötzlich mußtest du dich entscheiden: verlogener Establishmentradio- Mist oder Wolfman. Rock veränderte die Welt. Oder umgekehrt? Egal, solange Wolfman bei Iron Butterflys „In a gadda da vida“ genug Zeit zum Studiofick mit weiblichen Fans hatte. 1973 wurde er durch seinen Auftritt in „American Graffiti“ zum nationalen Kultstar.
Wolfman Jack, Kult-Moderator Foto: AP
Guess Who landeten bald darauf mit der Hymne „Clap for the Wolfman“ einen Hit, und Jack sendete von Hollywood aus Radioton und Fernsehbild fürs ganze Land. I'm bad and I'm nationwide und mache Hits. Der uramerikanische Allmachttraum. Aber jeder DJ ist nur so gut wie seine Musik. Wolfman Jacks Autobiographie zeigt einen zu Punkzeiten orientierungslos von den guten alten Tagen schwafelnden Zyniker. Dem seine Lebenslüge vom ehrlichen Rock 'n' Roll nichts übrigließ, als zuletzt Rechtsanwälte in seiner Show „Oldies but Goodies“ an die wilde Jugend zu erinnern. Aus einem Restaurant – bei Burger und Bier. Wolfman Jack starb in Belvedere, North Carolina im Alter von 57 Jahren an einem Herzanfall. Eine amerikanische Ikone. Aaaa-uuuuuhhhh! Axel P. Sommerfeld
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