: Der Vorhang zu?
Trauerspiel in Hannover: Das Staatstheater kann seine 901 Beschäftigten nur mit Hilfe vom Land bezahlen
Das niedersächsische Staatstheater in Hannover steckt in einer ernsten Finanzkrise und hat ein Millionen-Defizit angehäuft. Das Haus könne die Löhne der 901 Beschäftigten von August an nur noch mit Hilfe des Landes zahlen, hatte der Sprecher des Kulturministeriums der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ anvertraut. Rund 3,5 Millionen Euro mussten als Sonderzuwendungen für das Staatstheater „nachgeschossen“ werden. Das finanzielle Problem sei damit aber noch nicht gelöst. „Die Lage ist sehr ernst.“
Das Staatstheater mit Oper und Schauspielhaus will nun angesichts der Finanzmisere von 2004 bis 2006 jährlich 450.000 Euro einsparen. Die Zeiten, in denen das Land das Defizit ausgleiche, seien angesichts der dramatischen Haushaltslage des Landes vorbei, sagte Ministeriumssprecher Thomas Reiter. „Das Staatstheater als eigenständige GmbH muss selber sehen, wie es aus den Finanzproblemen herauskommt.“ Ein Teil des Defizits ist durch Einnahmeverluste bei der Staatsoper nach mehreren tausend Abo-Kündigungen und teuren Investitionen in Bühnen entstanden. Der Etat für Oper und Schauspiel beträgt nach Angaben des Kulturministeriums rund 48 Millionen Euro jährlich. Opern-Intendant Albrecht Puhlmann, seit Herbst 2001 in Hannover, sagte: „Rund 1,5 Millionen Euro des Defizits gehen auf unser Konto. Aber ich wehre mich dagegen, dass die Oper der Buhmann ist.“ Schauspiel-Intendant Wilfried Schulz betonte: „Ich habe keinen einzigen Euro über meinen Wirtschaftsplan ausgegeben.“ Das Defizit sei auch durch einen jahrelangen Konflikt zwischen Staatstheater und Land mitverursacht worden. Dabei ging es Schulz zufolge um die Verteilung von Zuwendungen auf die Haushaltsjahre. Opern-Chef Puhlmann sagte, Oper und Schauspiel wollten von 2004 bis 2006 jährlich 450.000 Euro weniger ausgeben. An Personalabbau sei dabei aber nicht zu denken.
Das Landeskabinett will sich bei seiner Klausurtagung in der kommenden Woche mit der Finanzkrise des Staatstheaters beschäftigen. Zudem ist an diesem Mittwoch ein Treffen von Oper und Schauspiel mit dem Ministerium geplant. Die Sprecherin der Staatsoper meinte, die Gehälter seien gesichert. Die Staatsoper steht wegen zahlreicher Abo-Kündigungen unter Druck. Inszenierungen waren von Zuschauern wegen Gewalt- und Sexdarstellungen scharf kritisiert worden. Aus Sicht des Ministeriums ist jedoch die künstlerische Leistung von Oper und Schauspiel unumstritten. Das Staatstheater habe einen hervorragenden Ruf. Schauspiel-Chef Schulz, dessen Vertrag bis 2005 läuft, steht derzeit in Verhandlungen mit dem Land für die Jahre von 2005 bis 2010, ist aber auch als Nachfolger für Christoph Marthaler am Züricher Schauspielhaus im Gespräch. Dazu Schulz: „Ich pflege, Verträge nicht zu brechen.“ Die Gespräche in Hannover hätten Priorität.
dpa