: Der Sound der weiten Welt
■ „Trompeten-Akademie“ ab Herbst in Bremen: Gelehrt wird alles zwischen Bigbandswing und Klassik
Wer kann heute eigentlich noch die Trompetenmelodien der „West Side Story“ blasen, und zwar mit dem vorschriftsmäßigen Herzschmerztremolo? Und gleichzeitig den „Bolero“ in seinen höchsten Tönen spielen? – Eben, kaum wer. Diesem Mißstand soll die „Trompeten-Akademie“ abhelfen, die ab 1. Oktober in Bremen ihren Betrieb aufnehmen will. Trompetenspezialisten von reichlich Rang & Namen sollen dort wirken, um den Nachwuchs auf die ausufernden Anforderungen des Bläserlebens vorzubereiten: Klassik, Moderne, Jazz – „unsere Leute müssen das alles können“, sagt Otto Sauter, der als Solotrompeter des Philharmonischen Orchesters Bremen die Initiative für das neue Ausbildungsmodell ergriff und die Akademie nach Bremen holte.
In den Genuß, z.B. mit Allen Vizzutti die hohe Schule des Jazz zu erlernen, werden allerdings nur wenige Auserwählte kommen. Die Akademie will alle zwei Jahre zehn Studentinnen und Studenten aufnehmen. Das Auswahlverfahren ist rigoros: Abschlußscheine „interessieren uns überhaupt nicht“, sagt Sauter; einziges Kriterium ist die Bewältigung einer genau festgelegten Prüfungsstrecke. Je ein Stückchen Klassik, Moderne, Trompete Solo, Etüden und Piccolotrompete (z.B. der „Bolero“-Part) ist der Jury vorzuspielen. Was einzig zählt, ist das Talent, sagt Sauter.
Wer aber diese Hürde genommen hat, der kommt in den Genuß einer Ausbildung, die die Initiatoren als „weltweit einzigartig“ darstellen. Nämlich: Drei Jahre Schulung durch die Spezialisten der Zunft (wobei Sauter den Part der Piccolotrompete übernimmt) – bisher mußten ambitionierte Studierende, die auf eine solche breit gefächerte Ausbildung wert legten, den Fachlehrern noch von Akademie zu Akademie nachreisen.
Auch sollen mehrere Praktika auf das spätere, wahre Trompeterdasein hinleiten. An der „Toho Gakuen School of Music“ in Tokio bekommen die Studierenden „die Chance, mit den großen Dirigenten der Welt zusammenzuarbeiten“. Aber auch in Bremen wird das interessierte Musikpublikum vom Akademiebetrieb hören. Denn weitere Praktika sind in der soeben gegründeten „Werder Bremen Big Band“ sowie im Staatsorchester selbst zu absolvieren.
So erwartet den Trompetennachwuchs ein strammes Ausbildungsprogramm. Das Renommee der Dozenten soll sich schließlich, so Sauter, in der „Top-Qualität“ der nächsten Generation fortpflanzen: „Wenn einer nicht 100prozentig von dieser Idee angefressen ist und bereit ist, Tag und Nacht dafür zu arbeiten, dann soll er gleich die Finger davon lassen“, sagt Sauter, selbst ein erklärter Workaholic.
Denn die Chance, später einmal Trompete im Hauptberuf zu spielen, wird auch für die Bremer Absolventen nach wie vor gering sein. Besonders die Jazzspezialisten haben's da schwer, sagt Sauter. Vielleicht, hofft Sauter, bringt die wiedererwachte Freude am Musical ja neue Arbeitsplätze. Ansonsten dürfen sich die Topbläser von morgen schon mal mit dem Gedanken anfreunden, als Studiomusiker den Bedarf an leichter (Rundfunk-)Unterhaltung mit einschmeichelnden Trompetensoli zu bedienen. Auch da will die Akademie mit gutem Beispiel vorangehen: Jazzdozent Vizzutti z.B. ist bereits durch die Titelmelodie der TV-Serie „Denver Clan“ hervorgetreten. tom
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