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Der Rhythmus macht's

■ Und sie tanzen keinen Tango: Katrin Sacks SchülerInnen lernen afrikanischen Tanz

Katrin Sack unterrichtet seit zehn Jahren afrikanischen Tanz in Bremen. Die ausgebildete Grundschullehrerin hat ausgedehnte Studienreisen nach Westafrika unternommen. Dort erhielt sie eine umfangreiche Tanz- und Trommelaubildung bei afrikanischen LehrerInnen. Acht Jahre lang arbeitete sie dann als Kursleiterin und Mitarbeiterin im Mobile.

Das Unterrichtsabgebot zu Kursen in afrikanischem Tanz ist in Bremen gewachsen. Mittlerweile gibt es ein riesengroßes Publikum, das sich für afrikanischen Tanz begeistert. Warum tanzen die BremerInnen nicht Polka oder ostfriesischen Ringelpiez? Über das Besondere am afrikanischen Tanz sprach Katrin Sack mit der taz.

Wie erklären Sie sich den Zulauf zum afrikanischen Tanz?

Ich glaube, daß im afrikanischen Tanz etwas ist, was den Menschen hier fehlt. Der Rhythmus fehlt - also wirklich im Rhythmus zu leben. Außerdem ist afrikanischer Tanz ein Gemeinschaftstanz. Zusammen mit der Trommel zu tanzen, im Rhythmus zu sein, getragen zu werden von der Musik, das gibt den Leuten Energie. Ich denke, der Mensch braucht Rituale, er braucht es, sich zu treffen.

Wo haben Sie afrikanischen Tanz gelernt?

Angefangen habe ich in Afrika, während eines dreimonatigen Workshops bei Mustapha Tettey Addy aus Ghana. Er gehört zu einer der Vorreiter-Familien, die nach Deutschland kamen, um ihre Kultur hierher zu bringen.

Beschäftigen sich Ihre KursteilnehmerInnen auch mit der Musik und mit Afrika?

Ja, weil ich den Zusammenhang zwischen Musik und Tanz im Unterricht vermittle. Ohne die Musik zu verstehen, kann man gar nicht tanzen. Was ich über die traditionellen Werte und der Geschichte des Tanzes weiß, erzähle ich. Wobei es nicht einfach ist, darüber etwas rauszukriegen. Für viele AfrikanerInnen ist das Tanzen selbstverständlich, das ist für sie so wie Essen und Trinken. Es gibt nur wenige AfrikanerInnen, die konkrete Auskünfte über die Ursprünge, Herkunft und Bedeutung der Tänze geben können. So wie wir Deutsche das immer gerne wissen wollen.

Was ist das Besondere am afrikanischen Tanz?

Verschiedene Sachen werden angesprochen: Einmal die Erdung, also auf den Boden zu kommen. Außerdem weitet sich der Brustkorb, man muß sich wirklich aufmachen, um tanzen zu können, muß locker sein im Becken, und einzelne Körperteile unabhängig voneinander bewegen können. Wenn man länger getanzt hat, gibt es ein ganz neues Körpergefühl. Diese Körperarbeit hat dazu geführt, daß ich mich mit meinem Körper total gut auskenne, und das ist ein gutes Körpergefühl. Das ist etwas, das vielen hier fehlt. Viele stecken nicht gut in ihrem Körper drin.

Kommen diese Bewegungen in deutschen Tänzen gar nicht vor?

Nein, weder beim Walzer, noch bei den Volkstänzen. Da gibt es zwar Rhythmus und Schritte, die vielleicht auch am Boden sind. Aber das Spezielle am afrikanischen Tanz, wie die Flexibilität in der Wirbelsäule oder die Beweglichkeit im Brustkorbbereich, kommt darin nicht vor.

Wie ergeht es Ihren SchülerInnen, wenn AfrikanerInnen bei den Tänzen zuschauen?

Ich weiß, daß es für viele Leute ein Problem sein kann. Ich glaube, daß einige lieber erstmal zu mir gehen, und wenn sie sich ein bißchen sicherer sind, trauen sie sich auch, einen Workshop bei einem Afrikaner zu machen. Hier in Bremen gibt es inzwischen viele. Die AfrikanerInnen finden das gut, wenn wir uns für ihre Kultur interessieren und uns damit auseinandersetzen. Das macht sie stolz.

Warum unterrichten Sie afrikanischen Tanz?

Er gibt einem die Möglichkeit, Lebensfreude auszudrücken. Das möchte ich einfach weitergeben.

Fragen: Vivianne Agena

Neue Kurse bei Katrin Sack: AnfängerInnen Di 10-12 Uhr ab 12.4. oder Do 20-22 Uhr ab 14.4. Leicht Fortgeschrittene Mi 20.15-22 Uhr ab 13.4. Wochenende mit Live-Musik am 9./10. Juli. „Rhythmuserfahrung in Bewegung und Tanz“ , Mo 18-20 Uhr, neuer Kurs ab 11.4. Tel. 34 98 912

„Tänze aus Ghana“ mit Lartey Larko. Auch „Afrikanisches Trommeln“ Neue Kurse ab März. Infos: 04207-4247 (Willy).

Djembé-Trommelworkshops mit Pukma Hoberg. Rhythmen aus Guinea (Westafrika). 9./10. April, 21.-23. Mai, 4./5. Juni, 2./3. Juli. Infos: 04794-1646.

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