piwik no script img

PortraitDer Nachfolger

■ Ricard Perez Casado

Ricard Pérez Casado, neuer EU-Verwalter für Mostar Foto: taz-Archiv

Seit Tagen leide er unter Schlaflosigkeit, beichtete Ricard Pérez Casado (50) gestern der spanischen Tageszeitung El Pais. Der alte Hase der spanischen Kommunalpolitik ist nervös, und er hat allen Grund dazu. Bürgermeister von Mostar heißt sein neues Amt. Der Spanier löst Hans Koschnik in der Stadt ab, die unter Kontrolle der spanischen Blauhelme steht. Der Sozialist Pérez Casado soll die Stadt zu den ersten Wahlen nach dem Bürgerkrieg führen.

Pérez Casado bringt Erfahrung mit, wenn es um die Verwaltung einer Stadt geht. Von 1979 bis 1988 stand der studierte Politikwissenschaftler und Städteplaner der spanischen Mittelmeerstadt Valencia vor. Doch was im heutigen Mostar viel wichtiger ist: Pérez Casado weiß um den schwierigen Umgang mit kulturellen Verschiedenheiten. Der Sozialist der ersten Stunde erinnert sich noch gut an Zeiten, als kulturelle Andersartigkeit auch in Spanien zu politischer Verfolgung führte. Von Hause aus spricht Pérez Casado Valencianisch, ein Dialekt des Katalanischen, das unter Diktator Franco ebenso wie das Baskische verboten war. Als der Diktator 1975 starb, kam die Stunde der nationalen Minderheiten. Mehr politische Autonomie und vor allem kulturelle Eigenständigkeit. Pérez Casado, Mitglied im Oppositionsbündnis Junta Democrática, verdiente sich seine ersten Sporen in der Kommission, die den Machttransfer vom alten Zentralstaat zur verfassungsmäßigen Regionalregierung des Landes Valencia in die Wege leitete. 1978 wurde er zum technischen Berater des valencianischen Innenministeriums. Seine Erfahrungen in der Regionalpolitik kamen Pérez Casado in seinen Jahren als Bürgermeister von Valencia zugute. Als Vizepräsident des Europäischen Gemeinde- und Regionalausschusses brachte er 1984 ein Abkommen mit der Organisation Arabischer Städte auf den Weg.

Pérez Casado glaubt fest daran, erfolgreicher zu sein als sein Vorgänger Koschnik, denn „Bosnien ist im weitesten Sinne auch Mittelmeerraum. Die Leute dort sind sehr unterschiedlich, genau wie wir hier in Spanien. Wenn wir vielleicht auch nicht multiethnischen Ursprungs sind, so sind wir zumindest ein multikulturelles Volk.“ Und um die daraus entstehenden Schwierigkeiten zu überwinden, das hat Pérez Casado in den Jahren nach Francos Tod gelernt, hilft nur eines: „Reden, mehr reden mit den Leuten. Reiner Wandler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen